Statue von obdachlosem Jesus löst Polizeieinsatz aus
Kunstwerke wollen ihre Betrachter zum Nachdenken und Diskutieren anregen, sie herausfordern und provozieren. Für Polizeieinsätze sollen sie aber wohl eher nicht sorgen. Genau das ist jetzt aber in den USA passiert: Dort hat die realistische Darstellung eines obdachlosen Jesus für einen Anruf bei der örtlichen Polizei gesorgt – und das bereits 20 Minuten, nachdem sie aufgestellt wurde.
Amerikanischen Medienberichten zufolge wurde in der vergangenen Woche in Bay Village im US-Bundesstaat Ohio die Polizei alarmiert, um einen möglicherweise obdachlosen Mann zu melden, der auf einer Bank in Nähe der St.-Barnabas-Kirche schlafe. Die Polizisten entdeckten dabei allerdings, dass es sich lediglich um eine Statue handelt.
"Ich möchte dem Anrufer unbedingt den Vertrauensvorschuss geben, dass er wirklich besorgt war und aus Mitgefühl für jemanden angerufen hat, den er nicht kannte", sagte Pfarrer Alex Martin gegenüber CNN. Bay Village ist eine Kleinstadt mit rund 15.000 Einwohnern ohne große Armut. "Es ist ein Ort, an dem es erschütternd wäre, jemanden auf einer Parkbank schlafen zu sehen", so Martin.
Papst segnet Skulptur
Die "Homeless Jesus" (deutsch: obdachloser Jesus) genannte Statue zeigt einen auf einer Bank liegenden und zusammengekauerten Jesus. Der ganze Körper ist mit einer Decke bedeckt, nur die Füße sind sichtbar – und zeigen die Wundmale der Kreuzigung. Geschaffen wurde die Statue 2013 vom katholischen kanadischen Bildhauer Timothy Schmalz. Die Skulptur soll die Bibelstelle Matthäus 25, 40 bildlich darstellen: "Amen, ich sage euch: Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan."
Weltweit gibt es zahlreiche Kopien von "Homeless Jesus", die an verschiedenen Orten meist in der Nähe von Kirchen aufgestellt wurden. Eine kleinere Version der Statue wurde 2013 im Vatikan bei einer Generalaudienz sogar von Papst Franziskus gesegnet. Der Pontifex soll dabei auch die Knie und Füße der Figur berührt und gebetet haben.
HTML-Elemente (z.B. Videos) sind ausgeblendet. Zum Einblenden der Elemente aktivieren Sie hier die entsprechenden Cookies.
"Die Statue steht für unseren Glauben, dass alle Menschen nach dem Abbild Gottes geschaffen sind und dass alles Leben einen heiligen Wert besitzt – auch die von der Gesellschaft oft weggeworfenen Leben", schreibt die St.-Barnabas-Gemeinde auf ihrer Internetseite. Jesus so zu sehen erinnere daran, dass er sich mit den Ausgestoßenen seiner Zeit identifiziert habe. So könne die Statue die Betrachter dazu bringen, freundlicher und sanfter miteinander umzugehen.
Der Polizeieinsatz zeige, welche Kraft die Statue als öffentliche Kunst habe. "Die Reaktionen auf den obdachlosen Jesus werden unterschiedlich ausfallen, und wir freuen uns, dass die Skulptur Gespräche darüber anregt, wie wir den Bedürftigen am besten dienen können", so die Gemeinde weiter.
Spenden aus dem ganzen Land
Etwas Positives hat die Statue auf jeden Fall ausgelöst: Durch die Berichterstattung über den Polizeieinsatz habe seine Gemeinde Spenden aus dem ganzen Land von Menschen erhalten, die von der Statue gehört hatten und helfen wollten.
Die bis zum 1. Dezember in Bay Village installierte Statue gehört der "Community West Foundation", einer Gruppe, die sich für Obdachlose und andere bedürftige Menschen in der Region einsetzt. Die Spenden sollen daher der Gruppe und einer Partnerkirche im benachbarten Cleveland zugutekommen, die sich für Obdachlose einsetzen, so Pfarrer Martin.
Das Ziel sei es gar nicht gewesen, möglichst viele Spenden zu generieren, schreibt die Gemeinde. "Es geht uns darum, ein allgemeines Bewusstsein sowohl für Obdachlosigkeit als auch für den heiligen Wert allen Lebens zu schaffen, von dem wir glauben, dass es im Laufe der Zeit erhebliche Auswirkungen haben kann." (cbr)