78-Jähriger soll "Vergehen gegen die kirchliche Disziplin" begangen haben

Medjugorje: Geistlicher Begleiter der Seherkinder exkommuniziert

Veröffentlicht am 24.10.2020 um 10:30 Uhr – Lesedauer: 

Medjugorje/Vatikanstadt ‐ Wegen "Vergehen gegen die kirchliche Disziplin" ist ein ehemaliger geistlicher Begleiter der Seherkinder von Medjugorje vom Vatikan exkommuniziert worden. Der frühere Franziskanerpater soll unter anderem ein Kind gezeugt haben.

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Ein ehemaliger geistlicher Begleiter der Seherkinder von Medjugorje und prominenter Verfechter der Marienerscheinungen in dem bosnisch-herzegowinischen Ort ist exkommuniziert worden. Das Exkommunikationsdekret gegen den ehemaligen Franziskanerpater Tomislav Vlasic sei am Freitag von der vatikanischen Glaubenskongregation unterzeichnet worden, berichtete der Österreichische Rundfunk (ORF) am Freitagabend unter Berufung auf italienische Medien. Den Angaben zufolge wurde er wegen "Vergehen gegen die kirchliche Disziplin" exkommuniziert.

Der heute 78-Jährige Vlasic war laut dem Bericht Anfang der 1980er Jahre Kaplan in Medjugorje und hatte dort die geistliche Begleitung der Seherkinder übernommen. Später wurden gegen ihn Vorwürfe schwerer sexueller Verfehlungen, schweren Ungehorsams, der Verbreitung von Irrlehren und der Manipulation erhoben. Unter anderem soll Vlasic mit einer Ordensfrau ein Kind gezeugt haben. 2009 hatte er den Franziskanerorden verlassen und war als Priester laisiert worden. Derzeit lebt in der Nähe der italienischen Stadt Brescia. Den Angaben zufolge reagierte Vlasic gelassen auf die Exkommunikation. Bisher habe er vom Vatikan noch keine offizielle Mitteilung erhalten; er werde auf die Vorwürfe reagieren.

Vatikan berät über angebliche Erscheinungen

Am 24. Juni 1981 soll es in Medjugorje zu Marienerscheinungen gekommen sein. Sechs Kinder berichteten damals, die Gottesmutter habe sich ihnen gezeigt, während sie Schafe hüteten. Die Erscheinungen dauern nach Angaben der inzwischen erwachsenen Seherinnen und Seher weiter an; ihre Zahl wird mit rund 42.000 beziffert. Jedes Jahr pilgern Hunderttausende Menschen in den Ort, unter ihnen viele Kranke und Heilsuchende. Um die Pilgerseelsorge hat es immer wieder Kompetenzstreit zwischen Franziskanern, ehemaligen Franziskanern, charismatischen Gruppen und dem Ortsbischof gegeben. Der Franziskanerorden, der Ortsbischof und der Vatikan haben wiederholt versucht, ordnend einzugreifen.

Im März 2010 setzte der Vatikan eine Untersuchungskommission für Medjugorje ein. Im Mittelpunkt sollte nicht die Bewertung der Phänomene stehen, sondern das geistliche Leben und die Begleitung der Pilger. Seit 2014 berät die vatikanische Glaubenskongregation über die angeblichen Erscheinungen und den Wallfahrtsbetrieb in Medjugorje. Papst Franziskus äußerte sich wiederholt skeptisch zu den angeblich andauernden Erscheinungen dort. Maria sei "keine Oberpostbeamtin, die täglich Nachrichten schickt", so Franziskus. (stz)