Standpunkt

Christen und Muslime müssen einander jetzt ernst nehmen

Veröffentlicht am 28.10.2020 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ In diesen Tagen begehen Muslime die Geburt des Propheten Mohammed. Die Feiern sind für sie ebenso von Corona überschattet wie Feste anderer Religionen, beobachtet Agnes Wuckelt. Die Religionen müssten jetzt zusammenstehen.

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In der Nacht vom 28. auf den 29. Oktober, der zwölften Nacht des islamischen Monats Rabi’u-l-Awwal, feiert in diesem Jahr der Islam die Geburt des Propheten Mohammed. Nach christlicher Zeitrechnung wurde er um 570 in Mekka geboren. Der Geburtstag des Propheten ist kein zentraler Feiertag, wird aber in vielen Ländern und auch in Deutschland begangen. Für die Gläubigen ist er ein Anlass, Allah für den Überbringer des Korans und das große Vorbild Mohammed für das eigene Leben zu danken. Zudem gilt, dass in dieser "heiligen Nacht" Bittgebete besonders aussichtsreich sind.

Die Feier wird von der Covid-19-Pandemie und den dadurch gegebenen Einschränkungen der gewohnten Religionsausübung überschattet sein. Diese stellen für Angehörige aller Religionen eine Bewährungsprobe für den Glauben dar. Vor allem auch deshalb, weil sie in die Gottesfrage münden: Wie lassen sich Gottes Liebe, Barmherzigkeit und Gerechtigkeit in Notstandszeiten verstehen? Sie kann im wechselseitigen Zuspruch der Religionen, dass Gottes Gegenwart zu jeder Zeit und auch in unserer Wirklichkeit gegeben ist, geklärt werden: "Wo ihr euch hinwendet, ist das Antlitz Gottes", heißt es im Koran (2. Sure, 115). Und die hebräische Bibel überliefert die Zusage Gottes "Mein Angesicht wird mitgehen, bis ich dir Ruhe verschafft habe" (Exodus 33,14).

Die wechselseitige Vergewisserung baut auf dem Wissen um den Glauben der und des anderen und auf dem echten Interesse aneinander auf. "Weißt du, wer ich bin?"– das ist die Herausforderung, einander wahr und ernst zu nehmen und sich über das auszutauschen, was Menschen heilig ist. Dieser interreligiöse Dialog muss immer wieder eingeübt werden: zum Beispiel im Engagement von Kulturmittlerinnen und im gemeinsamen Gebet angesichts der großen Menschheitsfragen, die uns vereinen.

Von Agnes Wuckelt

Die Autorin

Agnes Wuckelt war Professorin für Praktische Theologie und ist stellvertretende Bundesvorsitzende der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd).

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt nicht unbedingt die Meinung der Redaktion von katholisch.de wider.

Aktualisierte Version.