Die Mär von der Internationalisierung des Kardinalskollegiums
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Seit einigen Jahren ist es zum medialen Brauch geworden, bei jeder Ankündigung neuer Kardinalsernennungen die Formel von der "Internationalisierung des Kardinalskollegiums" zu wiederholen, die im Franziskus-Pontifikat im Gange sei. Auch jetzt, nach der Bekanntgabe 13 neuer Kardinäle, greift der journalistische Reflex. Die Führung der Kirche sei lange dominiert gewesen "von Italienern und anderen Europäern", meint exemplarisch die NZZ. "Unter Franziskus wird sie nun zunehmend internationaler."
Doch so energisch diese Deutung auch wiederholt wird, sie ist allzu schmeichelhaft: In Wahrheit hat Franziskus die Kräfte in seinem Kardinalskollegium weit weniger verschoben, als es für eine echte Repräsentanz der Weltkirche notwendig wäre.
Was stimmt: Unter Franziskus stellen immer mehr Länder zum ersten Mal überhaupt einen Kardinal, Zentralafrika etwa, Tonga, Mali oder Schweden (sic!). Trotzdem sind die geographischen Machtverhältnisse weitgehend stabil geblieben. Noch heute stammen 51 der 122 Kardinäle unter 80 aus Europa. Das sind 42 Prozent – immer noch unverhältnismäßig viel, wenn man bedenkt, dass nur gut jeder fünfte Katholik in Europa lebt.
Schuld daran ist vor allem Franziskus‘ ungerührtes Festhalten am traditionell übermächtigen italienischen Block. Auch unter diesem Papst hat Italien nicht nur mit Abstand mehr Papstwähler als jedes andere Land (21). Es stellt auch weiterhin mehr Kardinäle unter 80 als ganz Nordamerika (16), als ganz Südamerika (13) oder als ganz Asien (14). Dabei handelt es sich keineswegs nur um überkommene Personalien aus der Zeit Benedikts XVI. oder Johannes Pauls II.: Jeden zweiten dieser Italiener hat Franziskus kreiert. Und im neuen Konsistorium am 28. November will er nachlegen: Sechs der 13 dann zu ernennenden Männer sind Italiener (davon sind drei jünger als 80).
Mindestens ebenso so sehr wie die Internationalisierung schreitet unter dem Papst "vom Ende der Welt" (Franziskus über Franziskus) somit die Italianisierung des Kardinalskollegiums voran. Es ist ein Trend, der sich auch bei der Vergabe von Spitzenpositionen in der Kurie zeigt. Er passt zu diesem Pontifikat der Revolutionsrhetorik, das mit zunehmender Dauer immer deutlicher auch restaurative Züge hervorbringt.