Standpunkt

Wickeltisch und Stillecke? Wie man Familien in Kirche willkommen heißt

Veröffentlicht am 05.11.2020 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ In der Corona-Krise zeigt sich, wer wir wirklich sind, ist Regina Laudage-Kleeberg überzeugt. Bei der Kirche werde nun deutlich, dass Familien mit Kindern in den Gottesdiensten nicht willkommen seien. Doch es gebe einfache Wege, das zu ändern.

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"In der Krise zeigt sich, wer du bist, nicht, wer du sein willst", sagt Jan Böhmermann. Aus meiner Sicht ist das einer der prägendsten Sätze des Coronajahres 2020. Auch, und gerade in der katholischen Kirche. Jetzt zeigt sich schmerzlich, wie viel wir in der (nicht nur digitalen) Entwicklung versäumt haben. Und eines führt dieses Coronajahr schmerzlicher denn je vor Augen: Die jungen Familien bleiben weg. Und zwar jetzt erst recht. Schon vor den Abstandsregeln gab es – selbst für mich, die zum "inner circle" dieser Kirche gehört – enorme Hürden, sonntags mit den Kindern die Messe zu besuchen.

Denn: In den meisten Kirchen gibt es keine Rückzugsorte, wo Eltern dem Gottesdienst folgen können (weswegen sie ja kommen) und ihre Kinder, ohne zu stören, Kinder sein können. Kinderkirchen, Kinderbücher, Spielgeräte u.ä. sind nun wegen Hygiene- und Abstandsbedarf kurzerhand an vielen Orten ersatzlos entfallen oder entfernt worden. Und an jedem Sonntag, an dem ich in diesen Monaten mit meinen sehr kleinen Kindern im Gottesdienst war, hatte ich das Gefühl: Selbst diese kirchenerfahrenen und liturgieaffinen Kinder sind zu laut, zu nah, zu lebendig. Wie muss es Eltern gehen, die nicht für diese Kirche arbeiten? Die kein pastorales Personal unter ihren Freunden haben, das ihnen versichert, dass sie willkommen sind? Oder denen, die neu in einer Gemeinde sind?

Ich denke bei diesem Thema immer an eine Drogeriekette, zu der wir mehrfach wöchentlich gehen: Dort gibt es einen Wickeltisch, einen Spielwürfel und z.T. sogar Stillecken. Mit Kindern sind wir dort sehr willkommen. Klar macht die Drogerie Geld damit, dass junge Familien sich wohlfühlen. Aber jetzt mal ehrlich: Würde es nicht auch der Kirche gut zu Gesichte stehen, wenn sie Familien ein bisschen so behandeln würde? Ich hätte da eine sehr simple Idee: Man rolle den Familien sonntags buchstäblich den Teppich aus, gerne einen weichen, warmen, schmutzresistenten Teppich. Dazu eine Kiste mit desinfizierbaren Spielsachen. Fertig. Und dann kündigt man das an: "Wir rollen für Familien den Teppich aus." Und man lebt das jeden Sonntag – als ob es ganz normal wäre.

Von Regina Laudage-Kleeberg

Die Autorin

Regina Laudage-Kleeberg ist Referentin für Organisationsentwicklung im Stabsbereich Strategie und Entwicklung des Bistums Essen.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt nicht unbedingt die Meinung der Redaktion von katholisch.de wider.