Vom Öl der Jüngerinnen Jesu
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Impuls von Schwester Jakoba Zöll
Heute lesen wir eines der Wachsamkeits-Gleichnisse bei Matthäus, in welchem uns die Wiederkunft Jesu als Ankunft eines Bräutigams beschrieben wird. Erwartet wird er von 10 Jungfrauen, welche als Identifikationsmöglichkeiten für die matthäische Gemeinde, für die Lesenden dienen.
Alle 10 Jungfrauen bereiten sich auf die Ankunft des Bräutigams vor (ja, auch die "törichten" oder "dummen" Jungfrauen!): Sie besorgen im Vorfeld Lampen, sie machen sich auf den Weg und schlafen dann nach langer Wartezeit ein.
Der Unterschied kommt erst, als die Jungfrauen durch das Kommen des Bräutigams geweckt werden, denn 5 haben Ölvorräte dabei, 5 nicht. Diese gehen nun erst Öl kaufen und verpassen so die eigentliche Ankunft und werden nicht mehr in den Hochzeitssaal eingelassen.
Matthäus gibt uns Lesenden dann noch die Moral von der Geschicht mit auf den Weg: "Seid also wachsam! Denn ihr wisst weder den Tag noch die Stunde." (Mt 25,13) Mit Wachsamkeit im wörtlichen Sinne hat die matthäische Wachsamkeit wenig zu tun, denn es schlafen ja alle Jungfrauen ein, als sich der Bräutigam verspätet. Es kann daher nicht darum gehen, dass wir als Christgläubige nervös und schlaflos durchs Leben gehen.
Ich denke, Matthäus legt mit seiner Aufforderung den Fokus auf das Öl, welches beide Gruppen voneinander unterscheidet. Die einen können getrost eine Ruhepause einlegen, denn Sie sind, selbst wenn sie aus dem Schlaf gerissen werden, auf die Ankunft des Bräutigams vorbereitet, die anderen nicht.
Schauen wir in die von Matthäus zuvor erzählte Perikope, könnte es sich bei dem Öl um die gelebte Nächstenliebe handeln, oder aber auch, nach Mt 5,16, um die guten Werke, durch die das Licht der Jüngerinnen und Jünger leuchtet.
Dann würde die Moral von der Wachsamkeit, etwas ausformulierter, uns heute folgendes zurufen: Seid wachsam! Behandelt Eure Mitmenschen zu jedem Zeitpunkt liebevoll, handelt zu jeder Zeit nach den Maßstäben Jesu und vollbringt gute Taten! Dann kann Euch der Zeitpunkt der Wiederkunft des Herrn nicht böse überraschen, denn ihr seid zu jeder Zeit vorbereitet, dem Herrn gegenüberzutreten.
Und zum Schluss noch ein kleiner Denkanstoß: In welche der beiden Gruppen ordnen Sie sich bewusst oder unbewusst ein?
Als ich in Stuttgart zum ersten Mal die Domkirche St. Eberhard (siehe Bild) betreten habe, ist mir gleich das große Wandmosaik im Altarraum ins Auge gefallen, welches eben jenes Gleichnis darstellt. Und zugleich die, wie ich finde, wunderbare Deutung durch die Einrichtung des Altarraumes. Unterhalb der törichten Jungfrauen finden sich die Sitzplätze der Liturgievorstehenden, die dort stellvertretend für die gesamte Gemeinde platznehmen. Unterhalb der klugen Jungfrauen bleibt der Platz leer.
Ich lade Sie ein, heute gemeinsam mit mir zu überlegen, ob Sie eigentlich zu jeder Zeit bereit wären, den Herrn zu begrüßen, ob Ihre Ölvorräte gefüllt sind. Und ich lade Sie ein, über die geniale Inneneinrichtung der Stuttgarter Domkirche nachzudenken – hätten Sie ebenso eingerichtet? Wo hätten Sie sich platziert?
Aus dem Evangelium nach Matthäus (Mt 25,1–13)
In jener Zeit erzählte Jesus seinen Jüngern das folgende Gleichnis: Mit dem Himmelreich wird es sein wie mit zehn Jungfrauen, die ihre Lampen nahmen und dem Bräutigam entgegengingen. Fünf von ihnen waren töricht und fünf waren klug.
Die Törichten nahmen ihre Lampen mit, aber kein Öl, die Klugen aber nahmen mit ihren Lampen noch Öl in Krügen mit. Als nun der Bräutigam lange nicht kam, wurden sie alle müde und schliefen ein.
Mitten in der Nacht aber erscholl der Ruf: Siehe, der Bräutigam! Geht ihm entgegen! Da standen die Jungfrauen alle auf und machten ihre Lampen zurecht.
Die Törichten aber sagten zu den Klugen: Gebt uns von eurem Öl, sonst gehen unsere Lampen aus! Die Klugen erwiderten ihnen: Dann reicht es nicht für uns und für euch; geht lieber zu den Händlern und kauft es euch!
Während sie noch unterwegs waren, um es zu kaufen, kam der Bräutigam. Die Jungfrauen, die bereit waren, gingen mit ihm in den Hochzeitssaal und die Tür wurde zugeschlossen.
Später kamen auch die anderen Jungfrauen und riefen: Herr, Herr, mach uns auf! Er aber antwortete ihnen und sprach: Amen, ich sage euch: Ich kenne euch nicht.
Seid also wachsam! Denn ihr wisst weder den Tag noch die Stunde.
Die Autorin
Schwester Jakoba Zöll ist Novizin der Olper Franziskanerinnen. Sie hat an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms Universität Bonn Theologie studiert und wird nach dem Kanonischen Jahr dort ihre Promotion in Mittlerer und Neuerer Kirchengeschichte beginnen.