"Die Kirche ist nicht reich"
Frage: Herr Dr. Wenzel, in der "Aachener Grund" sehen viele einen Beleg für übergroßen Reichtum und profitorientiertes Handeln der Bistümer. Was antworten Sie den Kritikern?
Wenzel: Gemessen an ihren Aufgaben und Verpflichtungen ist die Kirche in Deutschland nicht reich. Leider wird in der öffentlichen Diskussion dieser Aspekt nicht deutlich genug dargestellt. Aber zu uns: Wir geben kirchlichen und anderen Institutionen die Gelegenheit, Geld anzulegen. Wir investieren es auf sehr konservative Weise in Gewerbeimmobilien in 1a-City-Lagen. Die Bistümer treffen damit Vorsorge für zukünftige Verbindlichkeiten wie Pensionen für ihre Mitarbeiter. Das ist gut vertretbar.
Frage: Wie erfolgreich ist denn ihr Geschäftsmodell?
Wenzel: Seit 2006 ist das Fondsvolumen von 1,7 Milliarden Euro auf knapp 4,7 Milliarden Euro gewachsen. 800 Millionen Euro davon sind allerdings kreditfinanziert. Damit stammen also 3,9 Milliarden Euro von den Anlegern. Zwei Drittel des Geldes - also rund 2,6 Milliarden Euro - kommen von kirchlichen und ein Drittel von nichtkirchlichen Vermögensträgern. Insgesamt haben wir 2.400 bis 2.500 Anleger.
Frage: Geschäftshäuser auf der Düsseldorfer Kö oder in der Kölner City - eine rheinische Boulevard-Zeitung fragt in einer Schlagzeile: "Muss der Kirche das alles gehören?"
Wenzel: Eindeutig ja. Die Kirche muss damit rechnen, dass ihr künftig aufgrund der rückläufigen Mitgliederzahlen die Kirchensteuer auf dramatische Weise wegbrechen wird. Es bleiben aber kostenintensive Aufgaben - neben der Altersversorgung der Erhalt von Bauwerken oder Kosten für das Seelsorgepersonal. Ich finde es klug und richtig, in jetziger Zeit mit noch erheblichen Einnahmen vorzusorgen: Dies gelingt einerseits durch Sparen. Aber eben auch durch die Bildung von Rücklagen. Genau dafür arbeiten wir.
Frage: Da kommen aber ganz schöne Beträge zusammen...
Wenzel: Die auch notwendig sind. Es kann doch nicht richtig sein, dass plötzlich derjenige am Pranger steht, der für die Zukunft vorsorgt. Angesichts exorbitant gewachsener Staatsschulden zulasten zukünftiger Generationen haben wir uns offenbar so an zerrüttete öffentliche Haushalte gewöhnt, dass eine vermögensvorsorgende Kirche nicht mehr verstanden wird. Dies ist bedenklich.
Frage: Ihre Muttergesellschaft, die in der Nachkriegszeit gegründete Aachener Siedlungs- und Wohnungsgesellschaft, kennen viele Menschen als Akteur im sozialen Wohnungsbau. Der 1973 ins Leben gerufenen Tochter "Aachener Grund" geht es dagegen vor allem um Gewinn, den sie - salopp formuliert - aus Shopping-Tempeln zieht. Wie passt ein solches Engagement zu einer Kirche, die sich immer wieder auch konsumkritisch äußert?
Wenzel: Beide Unternehmen haben eine unterschiedliche Aufgabe. Die Siedlungsgesellschaft sorgt für Wohnungen mit kleinen und bezahlbaren Mieten, was heute gerade in Großstädten genauso wichtig ist wie in der Nachkriegszeit. Die "Aachener Grund" will als Kapitalanlagegesellschaft im Bereich der Gewerbeimmobilien eine wertstabile Rendite erzielen. Und die innerstädtische Einzelhandelsimmobilie hat sich als das wertstabilste Marktsegment erwiesen. Beides ergänzt sich gut.
Frage: Papst Franziskus predigt Armut und prangert Geldgier an. Fühlen Sie sich durch das neue Kirchenoberhaupt infrage gestellt?
Wenzel: Nein. Wenn Papst Franziskus von der "Kirche der Armen" spricht, betont er das besondere Engagement der Kirche für die Bedürftigen und die am Rand Stehenden. Dieses Engagement wird täglich von der Kirche auch in Deutschland auf beeindruckende Weise geleistet. Das darf trotz eines aus dem Ruder gelaufenen Bauprojektes in Limburg nicht vergessen werden. Das schulden wir den vielen Menschen, die die oft schwierige Arbeit leisten. Wir sind nicht "geldgierig". Spekulation ist nicht unser Geschäft. Wir bemühen uns um langfristige Investitionen. Wir kümmern uns um die Immobilien, setzen sie instand und passen sie veränderten Rahmenbedingungen an. Damit tragen wir gewollt und nicht unerheblich zur Entwicklung von Innenstädten bei. Auch unter ökologischen Gesichtspunkten verdient unser unternehmerisches Handeln Beachtung. Wir kümmern uns um Immobilien in gewachsenen Lagen und haben nichts mit Einkaufszentren auf der grünen Wiese zu tun, die Landschaften zersiedeln und überflüssige Verkehre auslösen.
Frage: Der Kölner Erzbischof sieht ein großes Problem im kircheneigenen Medienunternehmen Weltbild - nicht nur wegen esoterischer oder erotischer Angebote. Nach Auffassung von Kardinal Meisner dürfen Bischöfe grundsätzlich keinen Konzern mit Milliardenumsätzen unterhalten. Was unterscheidet die "Aachener Grund" von Weltbild?
Wenzel: Bei Weltbild sind die Gesellschafter an einem Unternehmen beteiligt. Ob und wie das zukünftig gewollt ist, entscheiden die Gesellschafter als Eigentümer. Wir sind eine Kapitalanlagegesellschaft. Bei uns wird Geld angelegt, so wie bei einem Investmentfonds einer Bank. Das ist etwas völlig anderes. Gerade mit Blick auf das Geschäftsgebaren mancher Banken ist es gut, dass die Kirche die Aachener Grundvermögen vor 40 Jahren gegründet hat. Wir arbeiten ausschließlich im Interesse unserer Anleger.
Frage: Weltbild macht schlüpfrige Literatur Ärger, Ihnen könnten bestimmte Mieter nicht ins Konzept passen. Einige Medien verweisen schon süffisant auf die halbnackten "Doorboys" vor "Abercrombie".
Wenzel: Das amerikanische Textilunternehmen "Abercrombie __amp__ Fitch" wurde 1892 zunächst noch als Laden für Campingausrüstung gegründet. Als ironische Anspielung darauf präsentieren sich die Verkäufer in den Läden in kanadischem Holzfäller-Look. Das ist völlig harmlos. Unabhängig davon ist es selbstverständlich so, dass wir die Nutzung unserer Immobilien konsequent für Zwecke ausschließen, die im eklatanten Widerspruch zu den Grundsätzen der katholischen Kirche stehen - beispielsweise Spielhallen, Sexshops oder Abtreibungskliniken wollen wir als Mieter nicht akzeptieren.
Das Interview führte Andreas Otto (KNA)