Kardinäle nach Rom zu rufen, "wird vermutlich nicht so einfach sein"

Vatikan-Experte: Pandemie-konforme Alternativen zu Konklave nötig

Veröffentlicht am 19.11.2020 um 11:52 Uhr – Lesedauer: 

Köln ‐ Was passiert, wenn während der Corona-Pandemie ein Konklave einberufen werden muss? Die Kardinäle in den Vatikan einfliegen zu lassen, ist laut Vatikan-Experte Ulrich Nersinger schwer vorstellbar. Dafür könnten andere Wahlmethoden zum Einsatz kommen.

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Der Journalist und Vatikan-Experte Ulrich Nersinger fordert Pandemie-konforme Regelungen für künftige Konklaven. Man müsse sich für den Fall, dass der Papst während der Corona-Krise überraschend stirbt oder zurücktritt, andere Möglichkeiten überlegen, sagte Nersinger am Donnerstag dem Kölner "Domradio". Ein Konklave einzuberufen, "wird vermutlich, so wie sich die Pandemie weiterentwickelt, nicht so einfach sein. Da muss man vorsorgen."

Nach dem Tod oder dem Rücktritt eines Papstes werden traditionell alle Kardinäle der Welt, die unter 80 Jahre alt sind, in den Vatikan gerufen, um einen Nachfolger auf den Stuhl Petri zu wählen. Laut Nersinger kann der Papst allerdings frei entscheiden, wie diese Wahlversammlung ablaufen soll. "Er kann auch sagen, man überträgt die Wahl nur einer bestimmten Gruppe oder die Kardinäle finden sich irgendwie anders zusammen – zum Beispiel durch das Internet – und bestimmen Vertreter, die für sie wählen", so der Journalist. Auch eine Online-Abstimmung oder eine Briefwahl sind demnach möglich. "Theoretisch könnte der Papst sogar einen Nachfolger bestimmen oder ernennen."

Wichtig sei vor allem, dass es bald entsprechende Entscheidungen gibt, betont Nersinger. Ansonsten könnte die Wahl eines neuen Papstes unter Umständen sogar angefochten werden, weil "die Kardinäle entweder gar nicht, nur unter großen Schwierigkeiten oder nicht unter Einhaltung der Fristen kommen können."

Konsistorien momentan eine "gewagte Sache"

Gleichzeitig betrachtet es der Vatikan-Experte als "gewagte Sache", in der aktuellen Phase Kardinalskreierungen, sogenannte Konsistorien, abzuhalten. "Einige der Kandidaten müssen ja aus sehr fernen Ländern kommen und werden vermutlich auch acht, neun, zehn Stunden im Flugzeug verbringen müssen. Und das mit einer Maske", so Nersinger. Die designierten Kardinäle seien meistens "keine Jungspunde mehr". Außerdem sei es nicht ausgeschlossen, dass die Regierungen mancher Staaten Auslandsreisen der Bevölkerung untersagen. Dabei sei der Papst bei der Ernennung von neuen Kardinalen an kein bestimmtes Ritual gebunden. "Er muss nur öffentlich erklären, dass er eine bestimmte Person in den Kardinalsstand erhebt." In der Vergangenheit hätten einige Purpurträger außerhalb des Vatikans ihre Insignien bekommen. Zudem gebe es auch die Ernennung "in pectore", also im Geheimen.

Bei einem Konsistorium am 28. November erhebt Papst Franziskus 13 Geistliche in den Kardinalsstand. Zwei von ihnen, Jose Advincula (Erzbischof im philippinischen Capiz) und Cornelius Sim (Bischof der Apostolischen Präfektur Brunei), werden wegen der Corona-Pandemie nicht zu der Zeremonie nach Rom reisen. (mal)