Kaiserkrönung fand durch Papst in Rom statt

Geborener Rivale der Päpste: Vor 800 Jahren wurde Friedrich II. Kaiser

Veröffentlicht am 21.11.2020 um 12:19 Uhr – Lesedauer: 

Bonn/Rom ‐ Was kann man als "König von Deutschland" noch anstreben? Rio Reiser ist da so einiges eingefallen. Der Staufer Friedrich II. brauchte vor 800 Jahren vor allem eines: die Kaiserkrone – die erhielt er durch ein Versprechen gegenüber dem Papst.

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Der Staufer Friedrich II. (1194-1250), eine der schillerndsten Persönlichkeiten des Mittelalters, bewegte sich zeit seines Lebens in einem komplizierten machtpolitischen Geflecht. Die weltlichen und die geistlichen Fürsten in Deutschland, die reichen Städte Oberitaliens, Papst und Kirchenstaat, der normannische Adel und die Sarazenen Siziliens, die Könige von England und Frankreich, die Seemächte Pisa und Genua: Figuren auf dem großen Schachbrett seines Reiches, die sich in immer neuen Allianzen um ihn formierten. Ein zentraler Zug für ihn: die Kaiserkrönung in Rom. Vor 800 Jahren, am 22. November 1220, war es für Friedrich II. und seine Gemahlin Konstanze soweit. Es sollte für fast 100 Jahre die letzte Kaiserkrönung in Rom bleiben.

Der Kampf an vielen Fronten, gepaart mit einer vielschichtigen Persönlichkeit - das ist der Stoff für Gerüchte, Legenden und Übertreibungen. Über Jahrhunderte wurde Friedrich II., die rätselhafte, ja verwirrende Gestalt, geliebt oder gehasst, als Friedensfürst verklärt oder als "Antichrist" verteufelt. Bis heute widersteht der Mythos den meisten Ansätzen zur Versachlichung.

Friedrich II. hatte seinen "eigenen Kopf"

Das halbe Jahrhundert seines Herrscherlebens gleicht einer Achterbahnfahrt von Erfolgen und Rückschlägen. Wie kaum ein anderer verfolgte Friedrich II. die kulturellen und wissenschaftlichen Fortschritte seiner Epoche. Die Kirche sah in ihm eine Art "getauften Sultan", weil er sich dem Luxus, der Alchimie, Mathematik und Schwarzen Magie widmete. Er selbst hielt sich für von Gott auserwählt. Friedrich sprach mehrere Sprachen, war zugleich Poet und grausamer Rächer - vielleicht als Folge seiner soldatischen Kindheit. Seine Neugier trieb er in Experimenten am Menschen so weit, dass die Zeitgenossen schauderten.

Am zweiten Weihnachtstag 1194 wurde Friedrich in Iesi in der Mark Ancona geboren. Sein Vater war Kaiser Heinrich VI., Sohn des legendären Barbarossa, seine Mutter die Tochter des Normannenkönigs Roger II. von Sizilien. Als Heinrich VI. 1197 starb, war Friedrich noch keine drei Jahre alt - und die hochfliegenden Pläne des Vaters schienen mit ihm begraben zu werden: Die deutsche Herrschaft in Italien brach zusammen, und der Junge wurde zum Spielball, überrollt vom Welfen Otto IV. im deutschen Thronstreit.

Schon früh berichten die Zeitgenossen allerdings von seinem "eigenen Kopf", der sich gegen jede Bevormundung auflehnte. "Seine Gaben", so hieß es, "eilten seinem Alter voran." Mit 14 Jahren wurde Friedrich 1208 mündig und übernahm die Regentschaft im Königreich Sizilien. Drei Jahre später wählten ihn die Fürsten zwar gegen Otto IV. zum deutschen König; Ende 1212 wurde er in Mainz gekrönt. Doch der eigentliche Durchbruch gelang ihm erst 1215 mit der neuerlichen Krönung in Aachen. Im Frühjahr 1220 verbriefte Friedrich den weltlichen und den geistlichen Landesherren wichtige Rechte - und gewann dadurch neue Freiräume für seine Außenpolitik.

Das Grab von Kaiser Friedrich II.
Bild: ©picture alliance / zb | Reinhard Kaufhold

In der Kathedrale von Palermo steht der Sarkophag von Kaiser Friedrich II.

Auch mit Papst Honorius III. stellte er sich gut, indem er, zumindest verbal, dessen territoriale Wünsche in Mittelitalien erfüllte und freie Bischofswahlen im Reich versprach - ein Zankapfel zwischen Kaiser und Papsttum seit dem Investiturstreit vor bald 150 Jahren. Die Belohnung: die Kaiserkrönung in Rom. Dort erneuerte Friedrich auch seinen Schwur, einen Kreuzzug durchzuführen.

Die politische Konstellation machte den Kaiser in dieser Epoche eigentlich zu einer Art geborenem Rivalen des Papsttums. Seine Herrschaft über Süditalien und sein Anspruch auf Reichsitalien im Norden stellte eine Umklammerung des Kirchenstaates dar. War es eine "Demonstration der Stärke", dass Friedrich schon 1215 erstmals seine Bereitschaft zum Kreuzzug signalisierte? Oder war es im Gegenteil ein "Zeichen guten Willens"?

Friedrich trat "Reise nach Jerusalem" an

Tatsächlich wurde der mehrfach angekündigte und mehrfach verschobene Kreuzzug ein Ärgernis, das ihm die Päpste ankreideten. 1227 zog er sich dafür den Kirchenbann zu. Dass er 1228 die "Reise nach Jerusalem" antrat und eine Rückgabe der Heiligen Stätten auf zehn Jahre aushandelte, hielt Gregor IX. nicht davon ab, währenddessen Truppen nach Sizilien zu schicken. Heimgeeilt, schlug Friedrich den Angriff zurück.

Über Jahre schaukelte sich der Machtkampf zwischen Papst und Kaiser zu bis dahin unbekannter Radikalität auf. Als Friedrich II. mit knapp 56 Jahren starb, war der Konflikt noch immer unentschieden. "Es freuen sich die Himmel, und die Erde frohlockt", kommentierte Innozenz IV. die Todesnachricht.

Es folgte das quälende Ende der Staufer. Sohn Konrad IV. starb 1254 mit nur 26 Jahren; das Chaos des Interregnums begann. Im 16. Jahrhundert verschmolz die Legende Friedrich II. mit seinem Großvater Barbarossa zu jener legendären Kaisergestalt, die, im Kyffhäuser eingeschlossen, eines Tages zum Wohl des Reiches wiederkehren soll.

Von Alexander Brüggemann (KNA)