Ex-Generalvikar nach Entführungsvorwurf vorerst wieder frei
Der ehemalige Generalvikar von Lugano ist nach seiner Festnahme am Freitag wegen des Verdachts der Freiheitsberaubung und weiterer Straftaten vorläufig wieder frei. Wie die Schweizer Zeitung "La Regione" berichtet, sei der 80-jährige Priester am Montagabend vom Haftrichter aufgrund seines Alters und damit einhergehender Einschränkungen aus der Haft entlassen worden. Der Anwalt des Angeklagten zeigte sich über die Freilassung erfreut. Im Auftrag seines Mandanten habe er alle Vorwürfe zurückgewiesen.
Dem Priester und ehemaligen Theologieprofessor wird unter anderem Freiheitsberaubung und Körperverletzung vorgeworfen. Er soll eine heute 48-jährige Finnin ohne Schweizer Aufenthaltstitel zwölf Jahre lang in seiner Wohnung gefangen gehalten haben. Auf Nachfragen habe er sie als eine Verwandte ausgegeben. Medienberichten zufolge war die Wohnung in der Nähe der bischöflichen Kurie in einem verwahrlosten Zustand. Die Polizei habe bei ihrer Hausdurchsuchung am Freitag ein "unbeschreibliches Durcheinander" vorgefunden, nachdem sie die Wohnung mehrere Tage beobachtet hätte, heißt es einem Bericht der Wochenzeitung "Il Caffè".
Handwerker brachten Priester in den Fokus der Behörden
Auf den Fall aufmerksam wurden die Behörden durch Hinweise von Handwerkern. Monteure eines Elektrizitätsunternnehmens hätten die Wohnung zu angekündigten Wartungsarbeiten nicht betreten können, woraufhin der Strom abgestellt werden musste. Nachbarn berichteten von einer ungewöhnlichen Anzahl an Paketlieferungen, der Priester habe in den letzten Tagen zudem nicht auf Anrufe und die Türklingel reagiert. Die Pakete seien größtenteils ungeöffnet in der Wohnung gefunden worden. Auch das Büro des emeritierten Professors an der Theologischen Fakultät Lugano ist Berichten zufolge durchsucht worden.
Die Staatsanwaltschaft hat Anklage wegen Entführung, Nötigung und Körperverletzung gegen den Priester erhoben. Medien spekulieren jedoch auch über ein mögliches Abhängigkeitsverhältnis des 80-jährigen zu der 48-jährigen Frau, die er in einem Online-Theologie-Kurs kennengelernt hatte. Staatsanwaltschaft und Bistum äußern sich nicht weiter zu dem laufenden Verfahren. In einer Pressemeldung hatte das Bistum den Behörden bereits am Samstag uneingeschränkte Kooperation bei den Ermittlungen zugesagt. (fxn)