Gottsucher und Ausnahmemusiker: Vor 250 Jahren wurde Beethoven geboren
Er war ein Superstar seiner Zeit und ist es bis heute: Ludwig van Beethoven. Auch mit zunehmender Taubheit ließ er nicht von der geliebten Musik. 2020, im Jahr seines 250. Geburtstages, wollte die Welt den Ausnahmemusiker und sein Vermächtnis feiern. Aber wie so vieles wurde auch das umfangreiche Programm unter dem Label "BTHVN2020" deutlich ausgebremst. Corona statt Elysium.
Fast trotzig beschlossen die Organisatoren: Beethovens Geburtstag im Dezember ist nicht der Höhepunkt, sondern ein Zwischenhoch in den Feierlichkeiten, die nun offiziell bis September 2021 dauern. Dabei passt es zum Vollender der Wiener Klassik, dass selbst für seine Jubiläumsfeiern massive Hürden genommen werden müssen.
"Mozarts Geist aus Haydns Händen"
Geboren wurde Beethoven vermutlich am 16. Dezember 1770 in Bonn; verbürgt ist seine Taufe einen Tag später in der katholischen Remigiuskirche. Als Spross einer Musikerfamilie wurde er schon früh von seinem Vater Johann, Hoftenor und Klavierlehrer mit Hang zum Weine, unterrichtet. Er wollte den kleinen Ludwig zum Wunderkind drillen, einem zweiten Mozart.
Seine ersten Stücke, darunter die "Kurfürstensonaten", schrieb Ludwig mit ungefähr 13. Als 16-Jähriger reiste er nach Wien, um bei Mozart zu studieren. Eindeutige Belege für die Begegnung gibt es nicht. Nach seiner Rückkehr war er Organist an der Bonner Hofkirche und auch Bratschist im Hoforchester. Nach dem Tod seiner Mutter Magdalena mit nur 41 Jahren verfiel der Vater zusehends der Trunksucht und verlor seine Stelle bei Hof. Ludwig wurde zum Familienoberhaupt und musste sich um die beiden jüngeren Brüder kümmern.
Im November 1792 brach Beethoven für weitere Studien nach Wien auf; Mozart war ein Jahr zuvor gestorben. Ferdinand Ernst Graf von Waldstein, einer von Beethovens zahlreichen Förderern, schrieb ihm damals ins Stammbuch: "Durch ununterbrochenen Fleiß erhalten Sie: Mozarts Geist aus Haydns Händen".
Als Napoleon 1801 das Rheinland annektierte, war Beethoven längst vom Wiener Adel geliebter Klaviervirtuose. Seine neuartigen Kompositionen - emotional aufwühlend, kühn konzipiert und äußerst anspruchsvoll - machten ihn rasch berühmt; mancher Adlige nahm einen beunruhigenden "revolutionären" Unterton wahr.
Bereits mit nicht einmal 30 verspürte Beethoven erste Anzeichen von Taubheit. Nicht nur seine Karriere als Klaviervirtuose war damit beendet. Er haderte mit dem Allmächtigen. Auf die Suche nach seinem Gottesverständnis machte sich Beethoven mit seiner berühmten "Missa solemnis", für die er sogar theologische Studien betrieb. Beethoven selbst hielt die Messe für sein gelungenstes Werk.
Zu seinem umfangreichen Schaffen zählen unter anderem fünf Klavierkonzerte, ein Violinkonzert, die Oper "Fidelio", eine Vielzahl kammermusikalischer Werke und vor allem seine neun Sinfonien.
Der Mythos Beethoven lebt
Insbesondere die "Neunte" sprengte alle Grenzen der bisherigen Symphonik, sowohl im Umfang als auch durch die erstmalige Einbeziehung von Solo- und Chorgesang. Textgrundlage ist Schillers Ode "An die Freude", die Beethoven schon als junger Mann vertonen wollte. Nicht von ungefähr dirigierte Kurt Masur die Sinfonie, die bis heute als Sinnbild höchster menschlicher Ideale gilt, im Oktober 1990 zur Wiedervereinigung Deutschlands. Seit 1972 ist eine Instrumentalversion offizielle Europahymne.
Der Mythos Beethoven lebt. Angeheizt von seinem Brief "An die unsterbliche Geliebte" ranken sich Legenden um seine zahlreichen Romanzen, die jedoch nach Kenntnis der Nachwelt ohne "Happy End" blieben. Seine vielen Krankheiten, die ihn sein Leben lang begleiteten, sein Verhältnis zum Geld, zu seiner Familie, namentlich zu seinem Neffen Karl, dessen Vormundschaft er gerichtlich erstritt, seine Haltung zu Politik sowie der neue unabhängige Künstlertypus, den er verkörpert, sind bis heute Gegenstand wissenschaftlicher Forschung.
Ludwig van Beethoven ist laut Experten der weltweit am meisten aufgeführte Komponist. Die Universalität seiner Musik bewegte auch den ertaubenden Beethoven: Sie war für ihn da, ohne für ihn hörbar zu sein. Am 26. März 1827 starb der Meister in Wien - nicht aber seine Musik, mit der er - wie er einst sagte - nur ganz oder gar nicht leben konnte.