Staatsanwalt ermittelt nicht zu Vorwürfen gegen Speyerer Kinderheim
Die Staatsanwaltschaft ermittelt nicht mehr wegen Mordvorwürfen im Zusammenhang mit dem Missbrauchsskandal in einem Speyerer Kinderheim der Niederbronner Schwestern. Nach Auskunft des Frankenthaler Leitenden Oberstaatsanwalts Hubert Ströber ging die entsprechende Strafanzeige eines Missbrauchsopfers am 24. November 2016 in Frankfurt ein und wurde von dort zuständigkeitshalber nach Frankenthal weitergeleitet.
Alle Vorwürfe außer Mord waren demnach verjährt, weil die Taten zumindest zwischen Ende der 1960er bis Mitte der 1970er Jahre stattgefunden haben sollen. Mit Blick auf die mögliche Tötung eines Mädchens hätten die Schilderungen nicht ausgereicht, um einen Anfangsverdacht zu begründen; ein Tötungsvorsatz sei nicht ersichtlich gewesen. Zugleich betonte Ströber, dass dies nicht die Glaubwürdigkeit der Aussagen des Missbrauchsopfers in Frage stellen solle. Das Opfer wandte sich nach der Frankenthaler Entscheidung an die Generalstaatsanwaltschaft Zweibrücken, die die vorherige Entscheidung bestätigte.
Vergangene Woche hatte der Speyerer Bischof Karl-Heinz Wiesemann Missbrauchsvorwürfe gegen den verstorbenen früheren Generalvikar und Offizial des Bistums, Rudolf Motzenbäcker, öffentlich gemacht. Wiesemann hält sie für glaubwürdig. Demnach hat der 1998 verstorbene Geistliche zwischen 1963 und 1975 mehrere Kinder schwer missbraucht. Ein Mann erstritt in diesem Jahr mit Erfolg vor dem Darmstädter Sozialgericht eine Opferentschädigung.
Sexpartys und Gruppenvergewaltigungen
Der Mann hatte ausgesagt, dass Motzenbäcker nicht nur ihn missbraucht, sondern auch Sexpartys organisiert habe, bei denen es zu Gruppenvergewaltigungen gekommen sei. Der Betroffene lebte von 1963 bis 1972 in dem Kinderheim. Vor Gericht gab er an, Ordensfrauen hätten Kinder gegen Geld Missbrauchstätern zugeführt. Die Kammer hält seine Aussagen insgesamt für glaubwürdig. Im Zusammenhang mit den Vorwürfen gegen Motzenbäcker meldeten sich in Speyer zwei weitere mutmaßliche Betroffene; daneben erheben drei weitere Personen massive Vorwürfe gegen die Niederbronner Schwestern und ihr Heim.
Der Mann gab ferner an, er habe den damaligen Speyerer Bischof Friedrich Wetter über alles informiert, was ihm angetan worden sei. Er habe dies in einem Brief aufgeschrieben und diesen persönlich im Bischofshaus eingeworfen. Dies müsse etwa 1971 gewesen sein. Damals war er 14 Jahre alt.
Wetter ließ dazu auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) ausrichten: "Ich erinnere mich nicht an einen solchen Brief. Wenn ich einen Brief erhalten hätte, der so schwere Vorwürfe gegen meinen Offizial erhebt, wäre ich der Sache nachgegangen." Auch unabhängig davon wisse er nichts von solchen Vorwürfen. Wetter fügte hinzu, wie er Motzenbäcker kennengelernt habe, könne er sich nicht vorstellen, dass dieser Sexparties organisiert habe, bei denen Kinder vergewaltigt worden seien. Der Münchner Kardinal stammt aus der Pfalz. Nach seiner Priesterweihe 1958 arbeitete er mehrere Jahre als Seelsorger und Dozent in Speyer, von 1968 bis 1982 war er dort Bischof. Heute lebt der 92-Jährige in einem Münchner Altenwohnheim. (KNA)