Jesuit Zollner: Missbrauchsthema an Weihnachten nicht ausblenden
Die Kirche muss sich nach Aussage des katholischen Kinderschutzexperten Hans Zollner auch zu Weihnachten dem Missbrauchsthema stellen. Gerade die zum Fest beschworene Harmonie sei für die Betroffenen oft schwer auszuhalten, sagte der Jesuitenpater in der neusten Folge des Podcasts "Würde.Leben", den er mit dem katholischen Medienhaus Sankt Michaelsbund in München produziert. "Sie leben Monat für Monat, Weihnachten für Weihnachten mit dem, was sie erfahren haben."
Zollner verweist auf die Worte Jesu, der im 18. Kapitel des Matthäus-Evangeliums "mit einer fast erschreckenden Härte" jene verurteilt, die Kindern etwas antun. Dort steht: "Wer einem von diesen Kleinen, die an mich glauben, Ärgernis gibt, für den wäre es besser, wenn ihm ein Mühlstein um den Hals gehängt und er in der Tiefe des Meeres versenkt würde." Für den Jesuiten bedeutet das: "Es ist ein großes Ausrufezeichen, dass man denjenigen keine billige Gnade und Vergebung angedeihen lässt, die Kinder missbrauchen oder misshandeln."
Jesus rufe die Kinder in die Mitte. Aber in der Kirche fehle eine Theologie der Kindheit, so Zollner weiter. "Mit Ausnahme eines Aufsatzes von Karl Rahner gibt es überraschenderweise kaum Ansätze einer katholischen Theologie der Kindheit, auch nicht in den anderen Konfessionen." Hier müsse weitergearbeitet werden. Das Fehlen solcher theologischen Forschungen erklärt sich der Pater damit, "dass die jahrhundertelange Abwertung und mangelnde Wertschätzung für Kinder hier nachwirkt".
Stiftung von Marx "deutliches Zeichen" an andere Bischöfe
Der Jesuit äußerte sich in dem Podcast auch zur neuen Stiftung des Münchner Kardinals Reinhard Marx für Missbrauchs-Betroffene. Diese habe Bewegung in die Debatte innerhalb der Kirche gebracht, unterstrich der Zollner. Das zeigten die ersten Reaktionen aus aller Welt. Die mit einer halben Million Euro aus dem Privatvermögen des Kardinals finanzierte Stiftung sei "ein deutliches Zeichen an die Brüder im Amt, also an Bischöfe und andere Verantwortungsträger" die Missbrauchsthematik dauerhaft ernst zu nehmen".
Marx hatte Anfang Dezember unter dem Titel "Spes et Salus" (Hoffnung und Heil) eine Stiftung für Betroffene sexuellen Missbrauchs in der Kirche ins Leben gerufen. Sie soll laut Satzung einen Beitrag zur "Selbstermächtigung" der Betroffenen leisten. Dafür hat der Kardinal nach eigener Aussage den allergrößten Teil seines Privatvermögens aufgewandt. Sie soll mit dem Zentrum für Kinderschutz (CCP) der päpstlichen Universität Gregoriana in Rom kooperieren.
Zollner, der Präsident des Zentrum ist, kündigte an, dass das CCP im kommenden Jahr konkrete Schritte tun werde, um das Anliegen der Stiftung zu entwickeln. Es freue ihn, dass sie vor dem Weihnachtsfest gegründet worden sei, das Gottes Verbundenheit mit Welt zeige. "Er wollte als Kind in die Welt kommen und den normalen Werdegang eines Menschen miterleben. Dass Gott so wehrlos und klein in der Krippe liegt, zeigt wie ernst er es damit gemeint hat, alles mit uns zu teilen, auch die Geburt und auch den Tod", so der Jesuit. (mal/KNA)