Franziskus ruft Kurien-Mitarbeiter auf, Krise als Chance zu sehen

"Rechts und links": Papst gegen politische Kategorien in der Kirche

Veröffentlicht am 21.12.2020 um 12:30 Uhr – Lesedauer: 

Vatikanstadt ‐ Die Kirche steckt nach Ansicht von Papst Franziskus in einer Krise. Vor Mitarbeitern der Kurie hat er dazu aufgerufen, diese Veränderungen als Chance und nicht als Konflikt zu verstehen – und auf politische Kategorien in der Kirche zu verzichten.

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Papst Franziskus hat die vatikanische Kurie aufgerufen, die gegenwärtige Krise der Kirche als Chance anzunehmen, statt sich in Konflikten zu verbeißen. Eine Krise habe im Allgemeinen einen positiven Ausgang, während ein Konflikt immer Auseinandersetzung mit Siegern und Besiegten hervorbringe, sagte das Kirchenoberhaupt am Montag in seiner Weihnachtsansprache an leitende Kurienmitarbeiter.

"Interpretiert man die Kirche nach den Kategorien des Konflikts - rechts und links, progressiv und traditionalistisch - dann fragmentiert, polarisiert, pervertiert und verrät man ihr wahres Wesen", warnte der Papst. "Die Kirche ist ein Leib, der fortwährend in der Krise ist, gerade weil er lebendig ist." Kirchlichen Analysen fehlt nach Ansicht von Franziskus oft Hoffnung. Ein hoffnungsloser Blick auf die Wirklichkeit aber könne "nicht als realistisch bezeichnet werden".

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Die durch die Covid-Pandemie ausgelöste Krise sei "nicht mehr nur ein Allgemeinplatz des Diskurses und des intellektuellen Establishments", so der Papst; sie sei eine Realität in allen Bereichen. Jede Krise aber beinhalte ein begründetes Bedürfnis nach umfassender Aktualisierung. Für die Kirche bedeute das, Reformen nicht als "Flicken eines alten Kleides zu betrachten oder als Abfassung einer neuen Apostolischen Konstitution". Damit verwies der Papst auf die erwartete Verfassung seiner Kurienreform. Eine Reform der Kirche sei "etwas anderes".

Krisen und daraus folgenden Reformen sollten als "Zeit der Gnade" angenommen werden, so Franziskus. "Wir kennen keine andere Lösung für die Probleme, mit denen wir konfrontiert sind, als mehr zu beten und gleichzeitig mit mehr Vertrauen alles zu tun, was uns möglich ist." Daher wäre es schön, so der Papst abschließend, "wenn wir aufhörten, im Konflikt zu leben, und uns stattdessen wieder bewusst würden, dass wir unterwegs sind."

Gleichzeitig lobte Franziskus seine Mitarbeiter ausdrücklich: "Hier in der Kurie gibt es viele, die mit ihrer bescheidenen, diskreten, stillen, loyalen, professionellen und ehrlichen Arbeit Zeugnis ablegen." Neben den Problemen gebe ebenso Zeugnisse dafür, dass Gott die Menschen nicht im Stich gelassen hat. "Der einzige Unterschied ist, dass die Probleme sofort in den Zeitungen landen, während die Zeichen der Hoffnung erst nach langer Zeit Schlagzeilen machen - und das auch nicht immer." (KNA)