Über die kirchliche Rolle bei Entwicklung von Demokratie und Frauenwahlrecht

Historikerin: Sexismus der Kirche gegenüber Frauen ist unakzeptabel

Veröffentlicht am 28.12.2020 um 12:19 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Frauen würden in der katholischen Kirche noch heute systematisch diskriminiert, betont Historikerin Hedwig Richter. Einen historisch gesehen positiven Beitrag bescheinigt sie der Institution aber bei der Einführung des Frauenwahlrechts.

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Die Münchener Historikerin Hedwig Richter kritisiert die Haltung der katholischen Kirche gegenüber Frauen scharf. Es erscheine ihr "für eine Organisation innerhalb einer demokratischen Gesellschaft nicht mehr akzeptabel, dass sie offiziell sexistische Richtlinien verfolgt und Frauen systematisch diskriminiert", sagt Richter in einem Interview der Januar-Ausgabe der "Herder Korrespondenz".

Darin äußert sie sich die Historikerin auch zum Verhältnis von Kirche und Demokratie. Nicht in allen Funktionsbereichen des Staates seien demokratische Verfahren sinnvoll. Die Religion folge "einem anderen Code, einer anderen Logik als die Politik". Auch in der Wissenschaft gehe es nicht um den Mehrheitswillen.

Positive Rolle bei Entwicklung des Frauenwahlrechts

Historisch gesehen sei die Kirche für die Entwicklung der Demokratie in Deutschland je nach Kontext ein fördernder oder ein bremsender Faktor gewesen, so Richter. Eine führende Rolle habe die Kirche etwa bei der Einführung des Frauenwahlrechts gespielt. Im Kaiserreich und der Zeit um den Ersten Weltkrieg bescheinigt Richter auch der katholischen Zentrumspartei einen positiven Einfluss. "Es gelang dem Zentrum, den großen Anteil der katholischen Bevölkerung in den politischen Prozess und in die Demokratisierung einzubeziehen." Die Katholiken hätten zusammen mit Sozialdemokraten und Liberalen entscheidend die Demokratie in Deutschland geprägt.

In der katholischen Kirche sind Frauen nicht für Weiheämter zugelassen. Sie können keine Priesterinnen werden. Es gibt allerdings Debatten, ob und in welcher Form Frauen Diakonin werden könnten. Auch der Reformprozess "Synodaler Weg" der Kirche in Deutschland diskutiert, wie Frauen stärker in der Kirche eingebunden werden können.

Hedwig Richter ist seit Januar 2020 Professorin für Neuere und Neuste Geschichte an der Universität der Bundeswehr München. Die katholisch geprägte "Deutsche Zentrumspartei" wurde 1870 gegründet. Sie war bis zum Ende der Weimarer Republik eine der größten Parteien im Deutschen Reich. (gho)