50 Jahre Würzburger Synode: Mitbestimmen, aber richtig
Derzeit wird in der katholischen Kirche in Deutschland wieder mal über Reformen debattiert. Synodaler Weg, lautet das Format. Eine echte Synode wie die, die heute vor 50 Jahren begann, ist es nicht, aber trotzdem wird das Projekt von vielerlei Hoffnungen begleitet, und von Ängsten mancher vor zu großen Neuerungen auch.
Eine bestimmende Figur in den acht Vollversammlungen zwischen 1971 und 1975 im Würzburger Kiliansdom war Walter Bayerlein (85) - ein selbstbewusster Meister des geschliffen vorgetragenen Arguments. Erinnert sich der Oberbayer an damals, wird er wehmütig. Zum ersten und bis dato auch letzten Mal hatten die rund 300 Teilnehmer, darunter 140 Laien, gleiches Stimmrecht. Papst Paul VI. hatte die Geschäftsordnung genehmigt, obwohl sie vom Kirchenrecht abwich. Es blieb bei dieser einmaligen Ausnahme.
Diskussionen über weibliche Diakoninnen und verheiratete Priester
Bayerlein ist schleierhaft, warum die katholische Kirche bei ihren Entscheidungen "mehr als die Hälfte ausschließt, nur wegen des Geschlechts, oder weil sie nicht geweiht sind". Über weibliche Diakoninnen und verheiratete Priester diskutierte schon die Würzburger Synode, die dazu einberufen worden war, das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) "einzudeutschen", wie es damals hieß.
Die meisten Eingaben aus Würzburg nach Rom landeten allerdings in der Schublade und wurden nicht einmal beantwortet. In Deutschland dagegen wirkten sich die Beschlüsse der Synode auf vielen Gebieten des kirchlichen Lebens prägend aus, etwa in der Jugendarbeit, im Religionsunterricht oder im Rätewesen.
Ein von Bayerlein maßgeblich mitgestalteter Beschluss hätte gleich nach der Synode in Kraft treten können. Wie es sich für einen ordentlichen Juristen wie ihn gehört, hatte der Text die Form eines Gesetzes. Es ging um die Einführung kirchlicher Verwaltungsgerichte. Zum Schutz vor Willkürakten von Amtsträgern sollten sich Katholiken an weisungsunabhängige Richter wenden können. Man machte sich in Deutschland sogar die Hoffnung, damit zum Trendsetter für die Weltkirche zu werden.
Als der neue Codex Iuris Canonici (CIC) 1983 veröffentlicht wurde, fehlten darin aber die erwarteten Normen für Verwaltungsgerichte. Bis heute bleibt Gläubigen nur die Möglichkeit, sich auf dem Wege des sogenannten hierarchischen Rekurses in Rom zu beschweren. Das Verfahren ist umständlich und kostspielig. Am Ende steht, wenn überhaupt, eine Gerichtsverhandlung auf Latein.
Doch Bayerlein ließ auch in der Folgezeit nicht locker. Als langjähriger Vizepräsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) trug er bei gemeinsamen Konferenzen mit den Bischöfen immer wieder sein Anliegen vor - und wurde vertröstet. Dass es nicht zuletzt auch wegen des Missbrauchsskandals inzwischen wieder aus der Schublade geholt wurde, damit rechnete er schon gar nicht mehr.
Eine Expertengruppe unter Leitung des Bamberger Erzbischofs Ludwig Schick, selbst promovierter Kirchenrechtler, hat die von der Würzburger Synode verabschiedete Verwaltungsgerichtsordnung jedoch aufgegriffen. Sie hat auch eine Disziplinarordnung für Kleriker erarbeitet sowie, auch das wäre ein Novum, eine Ordnung für kirchliche Strafgerichte in Deutschland. Bei ihrer Frühjahrsvollversammlung haben die Bischöfe den Entwürfen grünes Licht gegeben, seit September liegen sie der Kurie in Rom zur Begutachtung vor.
"Letzte Chance" für Kirche in Deutschland
"Ich höre, dass das kommt", freut sich Bayerlein. Ansonsten begleitet er die Beratungen des Synodalen Wegs mit einer Mischung aus Skepsis und Zuversicht. Er glaubt, dass es zumindest in Deutschland die letzte Chance für die Kirche ist, ihr Gesicht wiederzugewinnen. "Wir müssen zurückfinden zu verbindlichen Entscheidungen aller", sagt der frühere Vorsitzende Richter am Münchner Oberlandesgericht.
Und auch, wenn es bisweilen nicht danach aussieht, tröstet sich der Katholik, der kürzlich eine schwere Covid-19-Erkrankung gerade noch einmal so überlebt hat, mit dem Gedanken: "Der Heilige Geist ist immer für eine Notlandung gut."