Bedford-Strohm gegen Suizidassistenz in kirchlichen Einrichtungen
In der Debatte um Sterbehilfe hat der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, seine Haltung gegen eine Beteiligung evangelischer Einrichtungen bei der Suizidassistenz bekräftigt. "Die aktive Beendigung menschlichen Lebens kann für uns nie als normale Option gelten", sagte Bedford-Strohm in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) und ergänzte: "Ich fühle mich dem Lebensschutz verpflichtet."
Der bayerische Landesbischof sagte zugleich, die Kirche müsse sich davor hüten, Menschen moralisch zu verurteilen, die sich das Leben nehmen. "Das hat man leider in der Vergangenheit getan", sagte er und verwies auf die Verweigerung kirchlicher Beerdigungen. "Das empfinde ich als Schuld der Kirche", sagte Bedford-Strohm. "Daraus kann man aber nicht ableiten, dass man organisatorisch tätig wird, damit Menschen ihr Leben beenden können."
Die Kirche dürfe nicht Teil eines Prozesses werden, "an dessen Ende der Suizid eines Menschen stehen soll", sagte der Theologe. So dürfe auch die Beratung betroffener Menschen "nicht nur die zu absolvierende Vorstufe dafür sein, dass ein Mensch alle Mittel für den Suizid zur Verfügung gestellt bekommt". Bedford-Strohm sagte, es gebe andere Möglichkeiten der Begleitung. Er verwies dabei auf palliative Begleitung, Schmerzmedizin und eine gute seelsorgerliche Unterstützung und ergänzte: "Schon jetzt kann mir mit guten Gründen niemand eine lebensverlängernde Maßnahme verordnen, die ich nicht will."
Diakonie-Präsident Ulrich Lilie und andere Vertreter der evangelischen Kirche hatten mit ihrem Plädoyer, Suizidassistenz auch in eigenen Einrichtungen nicht auszuschließen, eine neue Debatte entfacht. Die Verfasser reagierten damit auf die Debatte um eine mögliche Neuregelung, nachdem das Bundesverfassungsgericht im vergangenen Jahr das Verbot organisierter Suizidassistenz etwa durch Sterbehilfeorganisationen gekippt hatte.
Bedford-Strohm sagte, es gehe jetzt darum, in diesem Spannungsfeld einen konkreten Weg zu finden. Der Rat der EKD lehnt Suizidassistenz in evangelischen Einrichtungen ab. Die Diskussion über dessen Position müsse ergebnisoffen geführt werden, sagte Bedford-Strohm, fügte aber auch hinzu: "Ich erwarte nicht, dass sie sich grundlegend ändern wird."
Diakonie-Präsident verteidigt Vorstoß für Suizidassistenz
Unterdessen verteidigte Diakonie-Präsident Ulrich Lilie seinen Vorstoß für die Möglichkeit von Suizidassistenz in kirchlichen Einrichtungen. Auf den jüngst in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" veröffentlichten Beitrag mehrerer evangelischer Theologen habe es zum Teil "entsetzte Ablehnung" gegeben, sagte Lilie in einem Interview der "Süddeutschen Zeitung" (Samstag), "aber wir haben auch gehört: Endlich wird das Thema offen diskutiert." Lilie unterstrich: "Wir müssen jetzt die Debatte führen können, ohne dass uns der Vorwurf gemacht wird, wir seien mit der Giftspritze unterwegs."
Lilie plädierte erneut für eine Beratungslösung vor einer Entscheidung über einen assistierten Suizid: "Ich kann mir vorstellen, dass man bestens qualifizierte Menschen hat, Seelsorger, die Anwältinnen und Anwälte des Lebens sind, die sicherstellen, dass dies wirklich eine selbstbestimmte Entscheidung ist." Lilie rückte zugleich von einer Formulierung in dem Gastbeitrag ab: "Wir haben geschrieben, dass die Beratung 'neutral' sein müsse. Das ärgert mich im Nachhinein. Es muss heißen: ergebnisoffen, aber wertegebunden. Natürlich sind wir nicht neutral in dieser Frage." (rom/epd)