Kolumne: Mein Religionsunterricht

Wie man Schülern in der Corona-Krise mit einer guten Nachricht hilft

Veröffentlicht am 29.01.2021 um 15:49 Uhr – Lesedauer: 

Kusel/Bonn ‐ Distanz, Einzelarbeit, Fernunterricht: Die Schüler von Maximilian Golumbeck haben einfach "keinen Bock mehr". Als Religionslehrer möchte er ihre Sorgen nicht ignorieren – und verbreitete in einem Projekt etwas anderes: eine gute Nachricht.

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"Ich habe keinen Bock mehr!", hallt es plötzlich in der Religionsstunde, die gerade digital per Videokonferenz stattfindet. Es ist Anfang Januar, die erste Schulwoche nach den Weihnachtsferien. Es folgen einige überraschte Reaktionen in der Videokonferenz und entsprechende Emojis im Chatfenster lassen darüber hinaus den Gesichtsausdruck der Mitschüler erahnen, die die Kamera nicht eingeschaltet haben. Sie hat einfach keinen Bock mehr! Nicht etwa auf Schule oder den (Online-)Religionsunterricht, wie die Schülerin der Berufsschule daraufhin erzählt. Die Schülerin, die ihren Frust einen Moment lang offen zeigt, ist allerdings mit solchen Gefühlen offenbar nicht allein. Die jungen Menschen bringen in diesen Wochen in vielerlei Hinsicht zum Ausdruck, dass sie die gegenwärtige Situation als belastend erfahren, sei es durch Anmerkungen wie "Ich habe keinen Bock mehr!" oder auch durch eine zunehmend passive Mitarbeit im Unterricht. Es ist die Gesamtsituation im Zuge der Corona-Pandemie, die sie belastet und negativ stimmt. In der Tat ist Schüler sein in diesem von den Corona-Einschränkungen geprägten Schuljahr anders als sonst: Distanz statt Nähe, Einzelarbeit statt Gruppenarbeit. Fernunterricht statt Präsenzunterricht. 

Neben fachlich anspruchsvollem Unterricht sind mir vor allem die Menschen, mit denen ich im Religionsunterricht arbeite, wichtig. Das bedeutet, ich richte meinen Unterricht vor allem an der Lebenswelt, an den Erfahrungen, die die Schülerinnen und Schüler mit in den Unterricht bringen, aus. Als Religionslehrer möchte ich Sorgen der Schülerinnen und Schüler nicht ignorieren, gerade wenn sie im Unterricht explizit zur Sprache kommen. Möchte ich die Lebenswelt meiner Schüler im Blick haben, so muss ich im Unterricht auch die Coronasituation berücksichtigen. In der beruflichen Bildung bietet der Religionsunterricht den zeitlichen Rahmen und damit die wertvolle Möglichkeit, auf konkrete Lebenssituationen einzugehen. Dies kann beispielsweise im Rahmen einer längerfristigen Projektarbeit geschehen. 

Eine junge Frau sitzt am Laptop und stützt ihren Hals mit den Händen ab. Sie sieht besorgt aus.
Bild: ©Photographee.eu/Fotolia.com (Symbolbild)

Die derzeitige Corona-Situation setzt auch vielen Schülern zu.

Die oben geschilderte Beobachtung, dass viele Schüler die gegenwärtige Situation als belastend erfahren, wurde zum Anlass für ein digitales Unterrichtsprojekt in der Berufsschule: Die Mutmach-Collage. Bereits im Frühjahr 2020 hat man Fotocollagen mit Sprüchen wie "Wir halten zusammen!" oder "Wir sind trotz Distanz füreinander da!" häufiger gesehen. Damit wurde vielerorts ein Zeichen für Zusammenhalt und Solidarität gesetzt. Insbesondere bedeutsam finde ich, dass Menschen dadurch animiert wurden mitzumachen. Wie ein Virus – im positiven Sinn – hat diese Aktion Menschen mit einer guten Nachricht angesteckt und die Menschen haben die aufmunternde Nachricht weitergetragen.

Ein Spruch, der Zuversicht gibt

Auch der jetzige Lockdown erfordert Geduld und Durchhaltevermögen; die Herausforderung, angesichts der Einschränkungen positiv und zuversichtlich zu bleiben, wird gerade für unsere Schülerinnen und Schüler spürbar größer. Meine Berufsschulklasse möchte daher ein positives Signal der Zuversicht senden, indem sie eine Fotocollage mit Mutmach-Sprüchen gestaltet. Die Schüler suchen zunächst nach einem Spruch, der sie persönlich bestärkt und mit Zuversicht erfüllt. Dies kann ein Zitat aus dem Lieblingsroman sein oder etwa ein Vers aus der Bibel. Anschließend präsentieren sie ihren ausgewählten Beitrag auf einem Foto. Die fertige Collage zeigt eine Sammlung persönlicher Mutmach-Zitate, die die Klasse an die Menschen weitergibt. Meine persönliche Wahl fällt auf die Abschiedsworte Jesu im Schluss des Matthäusevangeliums: "Und siehe, ich bin mit euch alle Tage bis zum Ende der Welt." (Mt 28,20b) Diese Zusage des Beistands tut meines Erachtens nach gerade in dieser schwierigen Zeit gut. Je nach Wunsch der Klasse besteht die Möglichkeit, die fertige Collage schließlich im Rahmen der Klassengemeinschaft zu veröffentlichen oder die Collage darüber hinaus sogar beispielsweise auf der Schulhomepage zu präsentieren.

Der Religionsunterricht kann also ein Stück weit erfahrbar machen, dass eine frohe Botschaft tatsächlich etwas bei den Menschen bewirkt. Eine bestärkende Botschaft wie die Beistandszusage Jesu im Matthäusevangelium besteht nicht aus leeren Worten, sondern hat die Kraft, in einem Menschen zu wirken. Die Schüler werden also zu Trägern einer guten Nachricht, die Hoffnung und Zuversicht spendet. Im Gegensatz zum Coronavirus darf diese gute Nachricht aber nicht in Quarantäne isoliert werden, sondern sie sollte möglichst viele Menschen mit ihrer bestärkenden Kraft anstecken. 

Von Maximilian Golumbeck

Der Autor

Maximilian Golumbeck ist Religionslehrer am Kaufmännischen Berufsbildungszentrum (KBBZ) Neunkirchen/Saar.

Linktipp: Kolumne "Mein Religionsunterricht"

Wie funktioniert Religionsunterricht heute? Genau dieser Frage geht die neue katholisch.de-Kolumne nach. Lehrer verschiedener Schulformen berichten darin ganz persönlich, wie sie ihren Unterricht gestalten, damit sie die Jugend von heute noch erreichen.