Synodaler Weg: Das präsentieren die Foren bei der Online-Konferenz
Die Corona-Pandemie hat den Zeitplan des Synodalen Wegs ordentlich durcheinandergewirbelt. An diesem Donnerstag und Freitag treffen sich die Delegierten digital zu einer aktuellen Bestandaufnahme – sozusagen zu einem Online-Zwischenschritt. Unter anderem berichten die vier Foren über den Zwischenstand ihrer Beratungen. Die bereits im Vorfeld veröffentlichten Dokumente legen nahe, dass sie unterschiedlich weit fortgeschritten sind.
Synodalforum "Macht und Gewaltenteilung in der Kirche"
Augenscheinlich am weitesten in den Beratungen ist das Forum "Macht und Gewaltenteilung in der Kirche – Gemeinsame Teilnahme und Teilhabe am Sendungsauftrag". Dieses kann bei der Online-Versammlung – wie vom Synodalpräsidium vorgegeben – bereits einen "Grundtext" präsentieren, der theologisch fundiert begründen soll, auf welchen Feldern Handlungsbedarf besteht, sowie zusätzliche "Handlungstexte" zu konkreten Reformvorschlägen. Der Grundtenor des 42 Seiten umfassenden Grundtexts: Die Machtordnung und besonders die Leitungsstruktur in der katholischen Kirche soll durch mehr Partizipation aller Gläubigen so erneuert werden, dass "der Verkündigung des Evangeliums in Wort und Tat besser gedient ist".
Im ersten Abschnitt, der das Thema Kirche und Macht aus theoretischer Perspektive betrachtet, wird nach einer Krisendiagnose zunächst der kirchliche Sendungsauftrag reflektiert. Die Gesellschaft erwarte von der Kirche, dass sie einen Raum der Gotteserfahrung und -begegnung ermögliche und ihr gegenüber einen kritisch-prophetischen Auftrag wahrnehme. "Wir wollen, dass diese Kirche wieder als ein Ort glaubhaft wird, an dem Menschen zu einer persönlichen Beziehung zu Jesus Christus finden", heißt es. Die Feier des Glaubens werde nur dann missionarisch sein, wenn innerkirchliche Verhältnisse, die der Botschaft Christi widersprechen, korrigiert werden.
Außerdem kommt das Thema Uneinigkeit und Polarisierung in Theologie und Kirche zur Sprache. Hier will das Macht-Forum für den Synodalen Weg festhalten, dass dies weder eine Schwäche der Kirche noch einem Versagen der Verantwortlichen anzulasten sei. "Vielfalt ist nicht unkatholisch, geschweige denn heterodox." Auch in der deutschen Kirche träfen sehr verschiedene theologische Denkformen und kirchliche Kulturen aufeinander. Diese hätten ihr je eigenes theologisches Recht; "sie müssen nicht in ein harmonisierendes Drittes aufgelöst oder in homogenisierende Formate gepresst werden". Die Aufgabe bestehe darin, angesichts einer legitimen Vielfalt von Interpretationen eine kirchliche Kultur der Auseinandersetzung und des "Voneinander-Lernens" zu entwickeln.
Im zweiten Teil des Grundtextes werden notwendige Schritte auf dem Weg zur Reform kirchlicher Machtstrukturen benannt. Zunächst gelte es, die Begrifflichkeiten zu klären. "Der Synodale Weg setzt auf eine genaue Unterscheidung zwischen der christologisch begründeten Vollmacht und den organisatorisch notwendigen Formen der Machtausübung." Diese Differenzierung bedeute keine Entgegensetzung, erlaube aber, Kompetenzen zu klären, Profile zu schärfen und "neue Verbindungen zwischen den Gliedern des Volkes Gottes zu schaffen".
Was ist kirchenrechtlich schon möglich?
Zur Umkehr und Erneuerung der Kirche gehören demnach konkrete Strukturveränderungen, die neue Zugänge zu kirchlichen Diensten und Ämtern bahnten und die gemeinsame Verantwortung aller Gläubigen für die Sendung der Kirche stärkten. Bei allen konkreten Reformvorhaben sei zunächst präzise zu bestimmen, welche auf der Basis der aktuellen Rechtslage bereits jetzt möglich und erforderlich sind. "Wir setzen uns dafür ein, das geltende Kirchenrecht so anzuwenden, dass in den Diözesen Macht verbindlich an Getaufte und Gefirmte delegiert wird und dass effektive Kontrollverfahren etabliert werden."
Gleichzeitig bedürfe das Kirchenrecht einer Weiterentwicklung, die vom biblischen Zeugnis und von der Vermittlung der lebendigen kirchlichen Tradition mit den Prinzipien demokratischer Gesellschaften inspiriert sei. Deshalb spricht sich das Macht-Forum dafür aus, dass ein "der Kirche angemessenes, in der eigenständigen Würde jeder getauften Person begründetes" System von Gewaltenteilung, Entscheidungspartizipation und unabhängiger Machtkontrolle begründet werde. Da alle Gläubigen gemäß Jesu Auftrag für die Verkündigung des Evangeliums verantwortlich seien, müssten Strukturen gemeinsamer Beratungen und Entscheidungen in der Kirche auch rechtlich gefasst werden, damit alle Glieder der Kirche über ihre Rechte und Pflichten Bescheid wissen.
Die Kirche sei nicht auf eine Regierungsform festgelegt und habe hat immer auch Elemente demokratischer Entscheidungsfindung praktiziert, hält der Text fest. Deshalb bringt er Wahlen ins Spiel: Wem ein Leitungsamt in der katholischen Kirche übertragen wird, muss dazu vom Kirchenvolk gewählt werden, gegebenenfalls durch gewählte Vertretungen. Solange das gesamtkirchliche Recht keine Wahlen vorsieht, müsse man nach diözesanem Recht geeignete Formen finden, die Gläubigen an der Auswahl von Leitungspersonen effektiv zu beteiligen.
Die drei Handlungstexte, die das Forum "Macht und Gewaltenteilung in der Kirche" den Synodal-Delegierten beschlussfertig vorgelegt hat, thematisieren neben einer Rahmenordnung für Diözesanfinanzen und der Errichtung einer Ombudsstelle zur Prävention und Aufarbeitung von Machtmissbrauch auch die Predigtordnung. Um den Stellenwert und die Qualität der Predigt zu sichern und den "Reichtum der vielfältigen Charismen" besser zu nutzen, sollen die deutschen Bischöfe ein Indult beim Heiligen Stuhl erwirken, die aktuell gültige Predigtordnung so zu ändern, dass auch in Eucharistiefeiern an Sonn- und Feiertagen theologisch wie geistlich qualifizierte Frauen und Männer, die vom Bischof beauftragt werden, predigen können
Synodalforum "Priesterliche Existenz heute"
Die Teilnehmer des Forums "Priesterliche Existenz heute" führen den Synodalen in ihrem Arbeitspapier mit einer schematischen Gliederung vor Augen, welche konkreten Themen sie bislang bearbeitet haben. Dabei handelt es sich nicht um eine Beschlussvorlage. Zudem wird ausdrücklich um eine Rückmeldung gebeten, ob den Mitgliedern der Versammlung bestimmte Themen fehlen oder aus ihrer Sicht Vorschläge ergänzt werden müssen. Zu Beginn der sieben Seiten umfassenden Überlegungen zur priesterlichen Existenz steht als Ausgangspunkt des gesamten Synodalen Wegs der kirchliche Missbrauchsskandal. Da hier vornehmlich Priester zu den Tätern gehörten, sieht es das Synodalforum als seine Aufgabe an, auf die entstandenen "Verwundungen durch priesterlichen Machtmissbrauch" zu schauen. Alle weiteren Überlegungen zu priesterlichem Leben in der Gegenwart sollen daran rückgebunden werden.
Ein systemischer Blick auf das Priesteramt mache demnach eine Diskrepanz zwischen dem Anspruch des Evangeliums und einer vorherrschenden Überhöhung und Sakralisierung von Klerikern aus. Darin sehen die Mitglieder des Forums einen Grund für Missbrauch, Vertuschung und das Fehlen der Einnahme einer Opferperspektive. Das Arbeitspapier nennt neun Wege, diesen Klerikalismus abzubauen. Dazu zählen die Forumsmitglieder etwa eine deutlichere Einordnung des Dienst-Priestertum in das gemeinsame Priestertum aller Gläubigen, ein besseres Miteinander von Klerikern und Laien sowie eine dafür sensibilisierte Ausbildung von Priesteramtskandidaten.
Gleichzeitig regt das Synodalforum zum Nachdenken über verschiedene Formen einer Freistellung des priesterlichen Zölibats an. Auch beim Themenbereichen Frauen in der Kirche gibt es keine konkreten Empfehlungen, sondern den Aufruf zum Nachdenken. Das Wort "Frauenweihe" fällt jedoch nicht. Schließlich werden mehrere Bereiche genannt, in denen aus Sicht der Mitglieder Handlungsbedarf besteht: Anforderungen an den Priesterberuf, eine entsprechende Lebensform, Berufungspastoral und Priesterausbildung. Beim letzten Punkt werden etwa einheitliche Qualitätskriterien, ein psychotherapeutisches Gutachten vor Eintritt ins Seminar und weitere Vorschläge gemacht, die an vielen Priesterausbildungsstätten schon jetzt gelten.
Vorschlag für Präambel der Texte des Synodalen Wegs
Außerdem schlägt das Forum eine Gliederung der Präambel für die zu veröffentlichen Texte des Reformprozesses vor. Darin wird die Aufarbeitung des kirchlichen Missbrauchsskandals als Anlass für den Synodalen Weg vorangestellt. Anschließend wird betont, dass die Kirche in diesem Bereich schuldig geworden sei und nun zu ihrer Verantwortung stehen wolle. Die vier Themenbereiche des Erneuerungswegs werden genannt und der Wille zur Evangelisierung durch Umkehr bekundet. Zudem wird vorgeschlagen, an das Ende der Texte der vier Foren einen Epilog zu setzen.
Das Forum "Priesterliche Existenz heute" hat sich in vier Arbeitsgruppen gemäß den Schwerpunktsetzungen aufgeteilt: "Verwundungen durch priesterlichen Missbrauch", "Christsein – Volk Gottes in der Welt", "Das Leben des Priesters" sowie "Berufungspastoral und Priesterausbildung". Die zweite Arbeitsgruppe stellt in dem Arbeitspapier Überlegungen zum Reformprozess als einen "gemeinsamen Weg der geistlichen Unterscheidung" vor. Dazu gehöre etwa "bei den am Prozess Beteiligten größtmögliche Indifferenz" und "die frohmachende Botschaft des Glaubens im Mittelpunkt".
Synodalforum "Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche"
Das Forum "Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche" möchte mit den Synodalen über drei Themenbereiche diskutieren. Zunächst soll es um den Punkt "Christusrepräsentation" gehen. In lehramtlichen Schreiben zur Frage der Teilhabe von Frauen am sakramentalen Amt werde meist mit einer "natürlichen Ähnlichkeit" zwischen dem Mann Jesus und dem Priester argumentiert, heißt es in dem Arbeitspapier. Dabei stehe die Annahme im Hintergrund, dass "die Einsetzungsworte nur dann von der Gemeinde als Worte Jesu verstanden werden, wenn der männliche Priester sie spricht, sozusagen die Rolle Jesu übernimmt". Damit würden sich bedeutende dogmatische Fragen verbinden, etwa: "Ist die sakramentale Dimension der Kirche noch gewahrt, wenn Frauen amtliche Leitungsdienste ausüben?" Oder etwas persönlicher: "Wer ist Jesus Christus für uns und wie wird er in der heutigen Zeit und Geschichte in der Kirche gegenwärtig?"
Außerdem wird es um die Frage der Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau gehen. Während es in der Gesellschaft inzwischen selbstverständlich sei, dass alle Menschen die gleichen Rechte hätten, müsse man sich mit Hinblick auf die Berufswahl für die Kirche die Frage stellen, ob dies auch dort gelte. Die Synodalen sollen darüber sprechen, ob die vom kirchlichen Lehramt verwendete Argumentation überzeugend sei, dass Frauen und Männer zwar die gleiche Würde hätten, der Zugang zu den Weiheämtern aber dennoch nur Männern vorbehalten sei. Auch soll der Blick darauf gerichtet werden, wo schon jetzt Gleichberechtigung in der Kirche gelebt werde.
Schließlich steht das Thema Berufung zur Diskussion. Es gibt Frauen, die sich zu einem Weiheamt in der Kirche berufen fühlen und sich sogar schon darauf vorbereitet haben. Das Forum schlägt vor, sich diesem Punkt über die Auseinandersetzung mit der persönlichen Bedeutung einer Berufung anzunähern: Kann nur als berufen gelten, wer durch die Kirche hierbei Anerkennung erfährt? Was bewegt Frauen, die sich etwa zur Diakonin berufen fühlen? Nimmt die Kirche Schaden, wenn sie Charismen nicht beachtet?
Synodalforum "Leben in gelingenden Beziehungen – Liebe leben in Sexualität und Partnerschaft"
Nach Ansicht der Mitglieder des Forums "Leben in gelingenden Beziehungen" erfordert der Synodale Weg die Bereitschaft zur Entwicklung. Dazu könne es auch gehören, seine persönlichen Ansichten zu ändern, heißt es in dem eine Seite umfassenden Papier der Arbeitsgruppe. Daher fordert das Forum die Synodalen dazu auf, sich zu den Themen der Arbeitsgruppe auszutauschen – und gibt zu, dass die Inhalte der katholischen Sexualmoral durchaus "strittige Themen" seien. Als solche werden etwa Paarbeziehungen außerhalb der Ehe, der Umgang mit nicht-heterosexuellen Menschen in der Kirche, Empfängnisverhütung und Selbstbefriedigung genannt. Die Teilnehmer der Online-Konferenz sollen sich darüber unterhalten, was ihrer Meinung nach geändert werden muss, was nicht und wie jeder und jede selbst eine andere Ansicht zu den Themen gewinnen könnte.
Die Arbeit im Forum erscheint mit Blick auf das sehr knapp gehaltene Papier für die Gesprächsrunden der Synodalen als nicht besonders weit gediehen. Ein Grund dafür könnte der plötzliche Tod des Freiburger Moraltheologen Eberhard Schockenhoff sein, der im Juli starb und als wichtiger Motor der Diskussion galt. Zudem treffen in der Gruppe divergierende Meinungen zum Umgang mit der kirchlichen Sexualmoral aufeinander. So stieg der Kölner Weihbischof Dominikus Schwaderlapp im Mai aus der Arbeit des Forums aus, weil er die dort mehrheitlich geforderten Veränderung der Sexuallehre nicht mittragen wollte.