"Kirche in Not" bestürzt über Vergewaltigungsvorwurf gegen Gründer
Das Hilfswerk "Kirche in Not" hat sich bestürzt über die Vergewaltigungsvorwürfe gegen seinen Gründer Pater Werenfried van Straaten gezeigt. Die Organisation "distanziert sich umfassend von jeder Form des Verhaltens, wie es in dem Artikel Pater van Straaten vorgeworfen wird", heißt es in einer am Mittwoch veröffentlichten Stellungnahme von "Kirche von Not". Zuvor hatte die Zeit-Beilage "Christ & Welt" (C&W) berichtet, dass eine vom Vatikan angeordnete Visitation durch den Paderborner Weihbischof Manfred Grothe in den Jahren 2009 bis 2011 van Straaten massives Fehlverhalten in mehreren Bereichen nachgewiesen habe.
"Kirche in Not" verpflichte sich "zu einer offenen und vollständigen Aufklärung", so der geschäftsführende Präsident des Hilfswerks, Thomas Heine-Geldern, in der Stellungnahme. Gleichzeitigt bestätigte Heine-Geldern im Wesentlichen die Ergebnisse der Recherche von C&W. 2010 habe eine Frau van Straaten sexuelle Nötigung vorgeworfen. Der Vorfall soll sich 1973 ereignet haben, als die damalige Mitarbeiterin des Hilfswerks 20 Jahre alt gewesen sei. Van Straaten war jedoch 2003 verstorben, weshalb eine "in Erwägung gezogene Einleitung zivilrechtlicher Schritte" sich als nicht möglich erwiesen habe. Die Schilderung der Frau sei glaubhaft gewesen, sodass "Kirche in Not" die zuständigen kirchlichen Autoritäten informierte. Die Frau habe einen Geldbetrag in Höhe von 16.000 Euro in Anerkennung des erlittenen Leids erhalten.
"Kirche in Not" bestreitet Faschismus-Vorwurf gegen Gründer
Da die Betroffene um Vertraulichkeit gebeten habe, sei der Vorwurf der sexuellen Nötigung seitens des Hilfswerks nicht öffentlich gemacht worden, so Heine-Geldern. Weitere Anschuldigungen sexualisierter Gewalt gegen van Straaten seien nicht bekannt. 2011 wurde "Kirche in Not" als Päpstliche Stiftung neu gegründet. "Alle Bereiche der Organisation wurden modernisiert und neue Führungs- und Kontrollstrukturen eingeführt." Richtlinien zur Prävention von sexuellem Missbrauch seien als Organisationsprinzip verankert und als Förderkriterium für Projekte in aller Welt etabliert worden.
In einer Erklärung mit mehreren Fragen und Antworten zum C&W-Artikel bestreitet "Kirche in Not" jedoch weitere Vorwürfe gegen van Straaten. So sei der Prämonstratenserpater kein Sympathisant des Faschismus gewesen, wie die Visitation nach Angaben von C&W festgestellt habe. "In den Schriften seiner gesamten, 55-jährigen Leitung des Werkes (1947-2003) finden sich keine Hinweise auf rechtsextremes oder faschistisches Gedankengut." Van Straaten habe Diktaturen entschieden verurteilt. Der zudem erhobene Vorwurf von "Maßlosigkeiten in der Lebensführung" beruhe auf Einzelberichten über "übermäßigen Genuss von Alkohol oder Essen". "Kirche in Not" könne das jedoch nicht bestätigen.
Angemerkte "Defizite in der Führung des Werkes" räumte das Hilfswerk teilweise ein. Es habe unter der Leitung van Straatens "diverse Konflikte und Auseinandersetzungen mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern" gegeben. "Der damalige Führungsstil entsprach sicher nicht dem heutigen Verständnis moderner Personalführung." Van Straaten hatte das Hilfswerk 1947 als "Ostpriesterhilfe" gegründet. (rom)