Neues Gesetz für Geistliche beschränkt Religionsfreiheit weiter

Trotz Vatikan-Abkommen: China schreibt Regeln für Bischofswahl vor

Veröffentlicht am 17.02.2021 um 13:33 Uhr – Lesedauer: 

Turin ‐ Eigentlich haben sich der Vatikan und China auf ein Verfahren zur Ernennung von Bischöfen geeignet – doch ein neues Gesetz verschärft die Kontrolle und Überwachung von Geistlichen. Bischöfe sollen ohne Beteiligung Roms ins Amt kommen.

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Neue chinesische "Verwaltungsmaßnahmen für Geistliche der Religionen" sehen keine Beteiligung des Vatikans bei der Ernennung katholischer Bischöfe vor. Aus einer in der vergangenen Woche veröffentlichten Übersetzung der am 1. Mai 2021 in Kraft tretenden Verwaltungsmaßnahmen des Portals "Bitter Winter" geht hervor, dass nach den Vorstellungen Chinas katholische Bischöfe von der chinesischen Bischofskonferenz ernannt und geweiht werden, nachdem sie von der "katholischen Gemeinschaft der Provinz, autonomen Region oder regierungsunmittelbaren Stadt demokratisch gewählt" wurden. Ein Verweis auf die Beteiligung des Papstes, dem nach dem universalen Kirchenrecht die Ernennung der Bischöfe zukommt, oder das Abkommen zwischen dem Heiligen Stuhl und der Volksrepublik China von 2018 taucht in dem Dokument nicht auf.

Laut "Bitter Winter" sind die Bestimmungen so auszulegen, dass die Bischöfe durch die "Katholische Patriotische Vereinigung" gewählt und von der Bischofskonferenz bestätigt werden. Die "patriotischen Vereinigungen" sind ein Element des chinesischen staatskirchenrechtlichen Systems, durch das eine staatstreue Parallelstruktur der Kirche entsteht.

Geistliche müssen Kommunistische Partei unterstützen

Die neuen Verwaltungsmaßnahmen befassen sich mit der Registrierung der Geistlichen der fünf in China offiziell zugelassenen Religionsgemeinschaften. Anerkannt sind lediglich evangelisches und katholisches Christentum sowie Buddhismus, Islam und Taoismus. Die zugelassenen Religionen unterstehen strikter staatlicher Kontrolle, die durch die Verwaltungsmaßnahmen noch einmal verschärft wird. So wird eine Datenbank zur Registrierung und Überwachung von Geistlichen eingerichtet. Geistliche sind laut Artikel III der Verwaltungsmaßnahmen verpflichtet, "das Vaterland zu lieben, die Führung der Kommunistischen Partei und das sozialisitsche System zu unterstützen, die Verfassung und die Rechtsordnung zu achten, die Grundwerte des Kommunismus zu praktizieren und das Prinzip der Unabhängigkeit und Selbstverwaltung der Religionen in China zu achten sowie das Projekt einer 'Sinisierung' der Religionen" zu unterstützen. Religionsgemeinschaften werden verpflichtet, ihre Geistlichen zu registrieren. Eine Tätigkeit als Geistlicher ohne Registrierung, die auch strafweise entzogen werden kann, ist nicht zulässig. Jeder Geistliche wird in der Datenbank mit einer eindeutigen Registrierungsnummer aufgeführt. "Hohe Geistliche", zu denen katholische Bischöfe gehören, werden noch einmal eigens reguliert. Unter anderem sind sie verpflichtet, die Ausübung ihres Lehramts an den Richtlinien der staatskirchlichen Strukturen auszurichten.

Das 2018 getroffene Abkommen zwischen dem Heiligen Stuhl und der Volksrepublik China über die Ernennung von Bischöfen wurde 2020 für weitere zwei Jahre verlängert. Nach wie vor ist sein genauer Inhalt geheim. Die Verlängerung begründete Rom damit, dass die bisherige Anwendung des Abkommens über die Ernennung von Bischöfen positiv bewertet werde und von "großem kirchlichen und pastoralen Wert" sei. Auch Papst Franziskus verteidigt das Abkommen.

Chinas Regierung verfolgt eine Politik der "Sinisierung" von Religionen. Dabei sollen Religionsgemeinschaften sich unter der Aufsicht des Staates "der sozialistischen Gesellschaft anpassen" und "religiöse und gesellschaftliche Harmonie" anstreben, wie es in einem "Weißbuch zur Religionsfreiheit" der Regierung von 2018 heißt. Dazu gehört, dass die Religionsgemeinschaften über sogenannte “patriotische Vereinigungen” eng mit den Regierungsbehörden verbunden sind. Immer wieder beklagen Menschenrechtler die Einschränkung von Religionsfreiheit in China. Trotz der diplomatischen Annäherung ist die Kirche in den letzten Monaten Ziel staatsnaher chinesischer Hacker geworden. Zudem wird immer wieder von anscheinend willkürlichen Abrissen von Kirchengebäuden und andere Schikanen gegen Christen durch die Behörden berichtet. Im vergangenen Jahr sorgte ein Fall von "Sinisierung" weltweit für Schlagzeilen, als in einem Schulbuch das Gleichnis von der Steinigung der Ehebrecherin so umgeschrieben wurde, dass darin Jesus die Sünderin tötet. (fxn)