Nach "kath.net"-Interview: Urteil gegen Biologen Kutschera aufgehoben
Der Kasseler Evolutionsbiologe Ulrich Kutschera ist in zweiter Instanz vom Vorwurf der Beleidigung freigesprochen worden. Das Landgericht Kassel sehe Kutscheras Aussagen zu homosexuellen Paaren auf dem Online-Portal "kath.net" als vom Grundgesetz geschützte Meinung an, die auch scharf und verletzend sein dürfe, berichtete die "Hessenschau" am Dienstag nach dem Abschluss der Verhandlung. Auch Aussagen, die für viele Menschen schwer erträglich seien, seien nicht gleich strafbar, hieß es.
Damit ist das vorherige Urteil des Amtsgerichts Kassel aufgehoben. Dieses hatte Kutschera im August 2020 in erster Instanz zu einer Geldstrafe von 6.000 Euro verurteilt. Kutschera legte unmittelbar danach Berufung ein.
"Sterile, asexuelle Erotik-Duos ohne Reproduktionspotenzial"
Die Anklage hatte dem Wissenschaftler vorgeworfen, sich 2017 anlässlich der Debatte um die Einführung der "Ehe für alle" in Deutschland in einem "kath.net"-Interview hetzerisch gegenüber Homosexuellen geäußert zu haben. Der Wissenschaftler unterstellte Homosexuellen darin eine Neigung zu sexuellem Kindesmissbrauch und bezeichnete gleichgeschlechtliche Paare als "sterile, asexuelle Erotik-Duos ohne Reproduktionspotenzial". Ein mögliches Adoptionsrecht nannte Kutschera "staatlich geförderte Pädophilie mit schwerstem Kindesmissbrauch", die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare eröffne ein "mögliches Horror-Kinderschänder-Szenario". Laut Staatsanwaltschaft nahm Kutschera dadurch zumindest billigend in Kauf, dass seine Aussagen Homosexuelle herabwürdigen und verletzen.
Nach dem Interview hatten insgesamt 17 Personen Kutschera angezeigt. Die Universität Kassel distanzierte sich von Aussagen des Professors. Kutschera hat bereits mehrfach mit umstrittenen Äußerungen zu den Themen Gender Studies und Homosexualität Aufsehen erregt.
Das Internetportal "kath.net" hat seinen Sitz im österreichischen Linz und wird privat finanziert. In der Vergangenheit geriet es wegen seiner Form der Berichterstattung, unter anderem zum Thema Homosexualität, immer wieder in die Kritik. So bezeichnete Thomas Sternberg, der Präsident des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken, "kath.net" als Beispiel für "einige scharf agierende kirchliche Medien". (mal)