Martin Mosebach: Bin kein Freund "katholischer Literatur"
Martin Mosebach (69), katholischer Literat, ist nach eigenem Bekunden kein Freund "katholischer Literatur". Das Propagieren der Religion in Romanform komme ihm wie ein gefährliches Unterfangen vor, sagte Mosebach dem "Süddeutsche Zeitung Magazin". So wie in der Pornografie ein von der wollüstigen Fantasie entworfenes Bild der Sexualität entstehe, unter Auslassung von allem, was stören könnte, so schwebe "katholische Literatur" in der Gefahr, sich die Welt nach der katholischen Doktrin passend zu machen.
Sein Schreckensbild solcher Art Literatur sei der Tod von Lord Marchmain in "Brideshead Revisited", einem Roman von Evelyn Waugh, sagte der Schriftsteller. "Der alte Sünder, der sich mit dem letzten Atemzug dann doch noch bekreuzigt. So etwas finde ich geradezu geschmacklos." Auf die Frage, ob er in seinem Leben ein Erleuchtungserlebnis gehabt habe, antwortete der Katholik: "Nein, meine Wurzeln in der Religion reichten lange nicht sehr tief, obwohl es sie immer gab. Die Bindung an die katholische Religion begann erst ab dreißig allmählich zu wachsen."
Komödie die "eigentliche katholische Form der Literatur"
Nach den Worten von Mosebach ist die Komödie die "eigentliche katholische Form der Literatur". Denn die Grundlage katholischer Weltsicht sei die "Überzeugung von der unreformierbaren Unvollkommenheit" der gefallenen erbsündlichen Welt, in der jede Art großer erhabener Anstrengungen irgendwann jämmerlich scheitere. So nenne der Dichter T. S. Eliot die katholische Religion "die Philosophie der Desillusionierung": Sie lehre von der Erde nicht das zu erwarten, was die Erde nicht geben könne. Die Literatur habe andere Aufgaben als die Theologie, zeigte sich der Autor überzeugt. Sie lebe aus ihren Widersprüchen, aus der Fantasie, der Erfindung, der Suggestion - "von all dem sollte sich die Theologie fernhalten, was sie heute leider nicht immer tut".
Mosebach gilt als scharfer Kritiker von Papst Franziskus und der Liturgiereform. Bekannt wurde sein Buch "Häresie der Formlosigkeit. Die römische Liturgie und ihr Feind", in dem er die Liturgiereform infolge des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) heftig kritisierte und eine Rückkehr zur Tridentinischen Messe forderte. In einem Interview im Jahr 2019 verglich er die Inszenierung der Auftritte von Papst Franziskus mit denen von Adolf Hitler und Josef Stalin. (tmg/KNA)