Vatikanische Diakoninnenkommission wolle "hinhalten" statt Lösungen bringen

Theologe Zulehner warnt vor Rückzug junger Frauen aus der Kirche

Veröffentlicht am 08.03.2021 um 16:45 Uhr – Lesedauer: 

Wien ‐ Sie hätten immer weniger "gute Gründe", Teil der Kirche zu sein oder zu bleiben: Theologe Paul Zulehner warnt vor einem Rückzug junger Frauen – und spricht über den für ihn einzig plausiblen Grund, Frauen nicht zu weihen.

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Der Theologe Paul Zulehner warnt vor einem Rückzug junger Frauen aus der katholischen Kirche. Sie hätten immer weniger "gute Gründe", Teil der Kirche zu sein oder zu bleiben, sagte er im Interview der "Kleinen Zeitung" (Sonntag) zum Weltfrauentag an diesem Montag. Auch habe die Pandemie Auswirkungen auf Entwicklungen in der Kirche: "Wo während der Corona-Zeit eine Kirchengemeinde vor allem auf Gottesdienste gesetzt hat, waren eher die Männerpriester aktiv. Es war keine Frau zu sehen, die das Virus mit der Monstranz wegsegnen wollte", so der emeritierte Wiener Professor für Pastoraltheologie.

Frauen hätten während der Pandemie karitative Aufgaben übernommen, etwa für andere einzukaufen oder sich um Alleinstehende zu kümmern. "Das wäre für mich der einzig plausible Grund, Frauen nicht zu weihen, weil sie dann vielleicht von der Diakonie 'weggeweiht' werden", so der Werteforscher. Zudem dränge sich beim Thema Frauendiakonat der Verdacht auf, dass die vatikanische Diakoninnenkommission "eher die Frauen beruhigen und hinhalten denn eine Lösung bringen soll". Hintergrund sei die Befürchtung, dass das Diakonat der Frau den Zugang zur Priester- oder Bischofsweihe öffnen würde, so Zulehner.

In einer Zeit, in der die Menschen in Sachen Weltanschauung frei seien, zähle bei der Wahl der Religionszugehörigkeit auch, ob es "Irritationen gibt, die mich von der Kirche entfernen", so der Theologe. Zwar wollten Männer in kirchlichen Leitungspositionen genau diese besagte Gruppe nicht diskriminieren; "aber dennoch fühlen genau das junge Frauen und ziehen sich zurück".

Fehlen der jüngeren Frauengeneration sichtbar in "Maria 2.0"

Sichtbar werde das Fehlen der jüngeren Frauengeneration in der Kirche auch bei den Mitgliedern der in Deutschland gestarteten Initiative "Maria 2.0", wo es eher Vertreterinnen "aus der mutigen Konzilsgeneration" gebe. Hingegen zeige die als Reaktion darauf gestartete konservative Gruppe "Maria 1.0", dass sich manche Frauen in ihrer traditionellen Frauenrolle in der Kirche durchaus wohlfühlen.

Als "wirklich wichtiger Schritt in unserer katholischen Kirche" bewertete Zulehner die Wahl der Theologin Beate Gilles zur Generalsekretärin der Deutschen Bischofskonferenz sowie die päpstliche Ernennung der französischen Ordensfrau Nathalie Becquart zur Untersekretärin der Bischofssynode. Becquart erhielt damit als erste Frau volles Stimmrecht in der Synode.

Aus Anlass des Weltfrauentags hatte unter anderem auch das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) auf die noch immer fehlende Gleichberechtigung von Frauen in der Kirche hingewiesen. "Diese Benachteiligung von Frauen in der römisch-katholischen Kirche ist ohne theologisch argumentativ überzeugende Begründung nicht mehr hinzunehmen", sagte Dorothea Sattler, ZdK-Sprecherin für Theologie, Pastoral und Ökumene, am Montag. Man brauche das Gespräch über die Benachteiligung von Frauen in der gesamten Weltkirche. Der Synodale Weg sei eine große Chance, die Forderung nach Geschlechtergerechtigkeit einzubringen. "Ich bin da sehr zuversichtlich. Das Thema ist weltweit seit langer Zeit angekommen – endlich nun auch in der römisch-katholischen Kirche im Gespräch des ZdK mit den Bischöfen." (tmg/KNA)