Liturgiewissenschaftler: Thema Krankensalbung ist "vermintes Feld"
Nach den Worten des Bonner Liturgiewissenschaftlers Andreas Odenthal ist die Frage nach den Spender-Vorschriften beim Sakrament der Krankensalbung ein "vermintes Feld". Neben Berufsidentitäten spielten in der Debatte Themen wie die Zulassungskriterien zum geistlichen Amt eine Rolle, sagte der Theologe am Donnerstag im Interview mit dem Münsteraner Internetportal "Kirche + Leben". Er wies darauf hin, dass in dieser Angelegenheit ein Perspektivwechsel hilfreich sein könne: Dass beispielsweise ein Pastoralreferent, der einen Kranken lange begleitet habe, einem Priester die Spendung der Krankensalbung überlassen müsse, könne man einerseits als Defizit, andererseits aber auch als Zeichen der Professionalität auffassen. "Dann ist die lange seelsorgliche Begleitung nicht 'nur' eine Vorbereitung, die abwertend zu verstehen ist, sondern die Begleitung ist die eigentliche Leistung!" Es gehe um eine gute Abgrenzung zweier Bereiche, die nicht notwendigerweise zusammengehören, so Odenthal.
Laut Kirchenrecht (can. 1003 §1) ist die Spendung der Krankensalbung Priestern vorbehalten. Selbst bei Nichterreichbarkeit eines Priesters dürfen weder ein Diakon noch ein Laie das Sakrament spenden. Die Kirche beruft sich dabei auf eine Stelle im neutestamentlichen Jakobusbrief. Dort heißt es, dass bei Krankheit die Ältesten der Gemeinde gerufen werden sollen, die Gebete über den Betroffenen sprechen und ihn salben sollen (vgl. Jak 5,14–15). "Älteste" ist dabei die Übersetzung des griechischen Worts "presbyteroi" – Priester. Neben dem biblischen spielt auch ein pastorales Argument eine Rolle: Nur wenn ein Priester die Krankensalbung spendet, besteht für den Kranken oder Sterbenden auch die Möglichkeit, die Beichte abzulegen. Diese zu hören ist ebenfalls ausschließlich einem Priester vorbehalten.
Westliche Tradition betont Aktual-Präsenz
Odenthal wies darauf hin, dass die Kirche gute Gründe gehabt habe, nur dem Priester die Spendung der Krankensalbung zu erlauben. "Das war allerdings in der Geschichte nicht immer so und hängt vom Sakramentenverständnis ab." In der westlichen Tradition sei es um die sogenannte Aktual-Präsenz gegangen: "Die Gnade ereignet sich in der Feier der Krankensalbung, im Vollzug des Rituals. Und das fällt laut katholischer Amtstheologie in die Zuständigkeit des Priesters."
Bei der Frage nach den Empfängern der Krankensalbung betonte der Liturgiewissenschaftler, dass sie nur tatsächlich Kranken gespendet werden soll. "Ich persönlich bin gegen Versuche, etwa einen Altenkreis vor dem Kaffeetrinken mal schnell noch in die Kirche holen, um sozusagen wie bei einer Grippeschutz-Impfung vorbeugend eine Krankensalbung zu vollziehen." Das halte er für hochproblematisch, zumal dabei Alter mit Krankheit gleichgesetzt würde, so Odenthal. "Es ist bei der Krankensalbung deutlich an eine Krankheit gedacht, die Risiken birgt. Und dann sollte man auch nicht zu lange warten, sondern bewusst dieses Sakrament in der Krankheit feiern." (mal)