Timmerevers und Bode kritisieren Vatikanpapier zu Homosexuellen
Die Absage der vatikanischen Glaubenskongregation an eine Segnung gleichgeschlechtlicher Paare löst unter den deutschen Bischöfen ein gemischtes Echo aus. Der Dresdner Bischof Heinrich Timmerevers bedauerte die vatikanische Erklärung und nannte sie "enttäuschend". "Dieses Schreiben gibt die augenblickliche katholische Lehre wieder und zeigt keine Weiterentwicklung aufgrund heutiger humanwissenschaftlicher Erkenntnisse und gegenwärtiger pastoraler Notwendigkeiten", sagte der Bischof am Dienstag auf Anfrage.
Zugleich betonte Timmerevers: "Trotz der Ablehnung aus Rom wird das Thema der Segnungen von gleichgeschlechtlichen Paaren damit noch nicht beendet sein." Er erhoffe sich eine Fortschreibung und Neupositionierung aufgrund der Äußerungen des Papstes in seinem Schreiben "Amoris laetitia" (2016). "Dort wünscht der Papst, dass in der Kirche pastorale Ausgrenzungen zu überwinden und die Menschen seelsorglich zu begleiten und zu integrieren sind. Das sollte nicht nur ein Wunsch bleiben, sondern auch erlebbar werden", so der Bischof. Timmerevers hatte sich bereits zuvor mehrfach für eine Segnung homosexueller Partnerschaften ausgesprochen.
Die Glaubenskongregation hatte am Montag erklärt, die katholische Kirche habe keine Vollmacht, Verbindungen von Personen gleichen Geschlechts zu segnen. Zwar erkenne die Kongregation bei solchen Projekten und Vorschlägen "den aufrichtigen Willen" an, "homosexuelle Personen anzunehmen, sie zu begleiten und ihnen Wege des Glaubenswachstums anzubieten". Da aber die Verbindungen von homosexuellen Paaren nicht dem göttlichen Willen entsprächen, könnten sie nicht gesegnet werden.
Bode kritisiert Segnungsverbot
Auch der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode kritisierte das "Nein" des Vatikan zur Segnung gleichgeschlechtlicher Paare. "Solche einfachen Antworten, das hat sich längst gezeigt, beenden Fragen nicht, sondern befeuern sie eher", schreibt er in einem am Dienstag auf der Facebook-Seite des Bistums Osnabrück veröffentlichten Post.
"Die Wortmeldung der Glaubenskongregation hat mich zu diesem Zeitpunkt überrascht, zumal zu diesem Thema gerade viele gute und differenzierte Gespräche im Gange sind", führte der Bischof aus. Auch vor dem Hintergrund des in Deutschland laufenden Reformprozesses Synodaler Weg werde deutlich, dass es dringend eine neue Dialogkultur mit Rom brauche. Bode, der auch stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) ist, hatte bereits in der Vergangenheit angeregt, über Segnungen gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften nachzudenken.
Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf registriert nach eigenen Worten eine große Enttäuschung über das Vatikanpapier. "Ich nehme wahr, wie viele gläubige Menschen dadurch enttäuscht und verletzt sind, keineswegs nur unmittelbar Betroffene", schreibt Kohlgraf in einer am Dienstag veröffentlichten Stellungnahme. Die Kirche könne Erkenntnisse der Wissenschaften "nicht ignorieren". Gleichzeitig nehme er dies "als Auftrag und Ansporn, dass wir im Bistum Mainz verstärkt seelsorgliche Angebote und Konzepte entwickeln für und insbesondere: gemeinsam mit homosexuellen Menschen". Er sei allen Betroffenen dankbar, denen daran gelegen sei, "mit unserer Kirche in Verbindung zu bleiben".
Kohlgraf hatte Anfang Februar selber eine Neubewertung von Homosexualität durch die Kirche angeregt und eine vorurteilsfreie seelsorgliche Begleitung gleichgeschlechtlicher Paare gefordert. Er plädiere zwar nicht für eine der kirchlichen Trauung ähnliche Segensform für homosexuelle Paare, aber "für eine Begleitung - anstatt zu urteilen", schrieb Kohlgraf damals in dem Beitrag für die Mainzer Kirchenzeitung "Glaube und Leben". Zudem müsse man mit ihnen reden und nicht über sie.
Zustimmung von Ipolt
Zustimmung zum Vatikanpapier kam am Dienstag vom Görlitzer Bischof Wolfgang Ipolt. Es gehe aus seiner Sicht um eine klare Stärkung der Ehe zwischen Mann und Frau und des Sakramentes der Ehe, sagte er. Zwar könnten Homosexuelle einzeln gesegnet werden, nicht aber ihre Partnerschaft. Das könnte in der öffentlichen Wahrnehmung schnell zu Verwechslungen mit einer kirchlichen Trauung führen, so Ipolt.
Der Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke sagte, das "Ziel der römischen Erklärung ist die Unterstützung und Stärkung von Ehe und Familie". Der biblisch-kirchliche Ehebegriff beziehe sich auf die bleibende Verbindung von Mann und Frau als Bund, dem der besondere Segen Gottes gelte. Das biblisch-kirchliche Ehekonzept unterscheide sich somit von der heutigen gesetzlichen Definition der Ehe. "Gleichzeitig gilt für die Pastoral, wozu uns Papst Franziskus mehrfach aufgerufen hat: alle Menschen unabhängig von Geschlecht und geschlechtlicher Orientierung in ihrer Würde zu achten, sie anzunehmen und immer neu einzuladen in die Gemeinschaft der Kirche".
Bereits am Montag hatte sich der DBK-Vorsitzende, Limburgs Bischof Georg Bätzing, "nicht glücklich" über die Erklärung gezeigt. Der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer und sein Passauer Amtsbruder Stefan Oster begrüßten dagegen das Papier des Vatikan und dankten für die Klarstellung. Der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck betonte die Nähe der Kirche im Ruhrbistum zu allen Menschen. "Wir werden mit unseren seelsorglichen Angeboten auch weiterhin alle Menschen begleiten, wenn sie darum bitten - ganz gleich in welcher Lebenssituation", sagte er. (tmg/KNA)