Erstes Gutachten: Journalistenverbände kritisieren Erzbistum Köln
Journalistenverbände kritisieren erneut das Erzbistum Köln. Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) und die Gesellschaft Katholischer Publizisten Deutschlands (GKP) wandten sich am Montag gegen die Regularien der Erzdiözese zur Einsichtnahme in das bislang nicht veröffentlichte Missbrauchsgutachten der Münchner Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW). Ein von Medienvertretern zu unterzeichnender "Merkzettel" verbiete nicht nur Fotografien oder Abschriften aus dem Text, sondern untersage auch Zitate. "Diese Verbote greifen in das Grundrecht auf freie Information ein und bauen völlig ohne Not juristische Risiken für die Berichterstattung auf", so die GKP.
"Auf Art und Umfang persönlicher Notizen der Journalistinnen und Journalisten Einfluss nehmen zu wollen, ist ein nicht hinnehmbarer Eingriff in die Pressefreiheit", betonte die GKP weiter. Der DJV-Vorsitzende Frank Überall rief das Erzbistum auf, Transparenz zu üben. "Erneut erweckt das Erzbistum Köln den Eindruck, kritische Berichterstattung über das Gutachten zu Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche einzuschränken."
Erzbistum hält erstes Gutachten für mangelhaft
Das Erzbistum hält das WSW-Gutachten über den Umgang Bistumsverantwortlicher mit Fällen sexualisierter Gewalt für mangelhaft und hatte eine neue Untersuchung beim Kölner Strafrechtler Björn Gercke in Auftrag gegeben, deren Ergebnisse vorige Woche vorgestellt wurden. Journalisten sollen nun am Donnerstag Gelegenheit bekommen, unter bestimmten Bedingungen auch die Ausarbeitung von WSW einzusehen und mit der Gercke-Expertise zu vergleichen. Notizen sind laut Erzbistum bei der Einsichtnahme erlaubt, Abschriften, Vervielfältigungen und Zitate aber untersagt. Ein Merkzettel mit entsprechenden Hinweisen werde Medienvertretern zur Unterschrift vorgelegt.
Anfang Januar platzte ein Hintergrundgespräch des Erzbistums über das WSW-Gutachten, nachdem die eingeladenen Journalisten sich geweigert hatten, eine Verschwiegenheitserklärung zu unterzeichnen. Auch danach gab es scharfe Kritik von DJV und GKP am Erzbistum.
Am Dienstag waren im Rahmen einer Pressekonferenz Konsequenzen aus dem Missbrauchsgutachten vorgestellt worden. Kardinal Rainer Maria Woelki räumte dabei eigene Schuld ein, will aber nicht zurücktreten. "Die moralische Verantwortung einfach mitnehmen und gehen zum Schutz des Ansehens von Bischofsamt und Kirche - das ist mir zu einfach", sagte Woelki. Ein solcher Rücktritt "wäre nur ein Symbol, das nur für eine kurze Zeit hält". Über die schon verkündeten Freistellungen von Geistlichen hinaus kündigten Woelki und sein Generalvikar Markus Hofmann weitere Konsequenzen in Form eines Acht-Punkte-Plans gegen Missbrauch an. (tmg/KNA)