Die Debatte um das Segnungsverbot fühlt sich wie ein kleines Ostern an
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Die kirchenpolitische Lage ist schwierig. Björn Odendahl fasste es gestern gut zusammen. Die Austrittszahlen sind, gelinde gesagt, besorgniserregend. In der katholischen Kirche schwelen diverse Probleme, bei denen Kirche oft an der Realität der Gläubigen vorbei agiert. Um dem Ganzen eine Krone aufzusetzen, meldet sich der Vatikan zu Wort und verneint die Segnung von gleichgeschlechtlichen Paaren. Sie mögen jetzt wahrscheinlich denken: Bitte nicht noch ein Kommentar zu diesem Thema, es ist doch alles schon gesagt.
Genau das ist der Punkt. Im Jammern und Meckern sind wir gut, und ich schließe mich da ganz klar mit ein, weil es oft einfach notwendig ist. Aber ich gestehe, ich habe diese kirchenpolitischen Querelen nach einem Jahr "Fastenzeit" jetzt zu Ostern satt und finde, dass das Glas nicht immer nur halb leer, sondern auch mal halb voll sein kann. Inwiefern halb voll? Seit über zwei Wochen liest man beinahe jeden Tag einen Artikel über dieses Thema. Interessant ist dabei, wer alles etwas dazu gesagt und geschrieben hat. Es sind dieses Mal nämlich nicht nur die Verbände oder das Zentralkomitee der deutschen Katholiken, sondern auch Bistümer, ihre Bischöfe und Orden. Über Hierarchieebenen hinweg wird sich mal mehr, mal weniger klar positioniert. Selbst auf den schnelllebigen Social-Media-Kanälen kommen noch heute klare Positionierungen. Sei es die Generaloberin des Kloster Marchtal oder die Ordensleute auf dem Synodalen Weg jeweils auf Instagram. Sogar der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz drückt sein Unverständnis über das Nein aus dem Vatikan aus.
Für mich sind die vergangenen zwei Wochen deswegen wie ein kleines vorgezogenes Ostern und zeigen, meine Kirche kann sich verändern. Die Kirche in Deutschland spricht miteinander, nicht mehr nur die Gläubigen, sondern auch Bischöfe beteiligen sich. Die Lehre und das Kirchenrecht werden davon noch nicht umgeschrieben, aber es ist ein Schritt. Wir müssen dranbleiben, aber auch geduldig sein. Kirche braucht Zeit – wegen ihrer 2.000-jährigen Geschichte, und auch weil es eine Weltkirche mit verschiedensten Kulturen ist. Hier zeigen sich auch die Fragen, wo Kirche stattfindet und wer diese Glaubensgemeinschaft prägt: nicht der Vatikan allein, sondern neben den Funktionsträgern der Kirche vor Ort und der Wissenschaft vor allem die Gläubigen selbst. Wäre das nicht eine kleine Auferstehung, wenn die Realität der Gläubigen endlich auch mehr Gewicht hätte?
Die Autorin
Pia Dyckmans ist Presse- und Öffentlichkeitsreferentin der Jesuiten in Deutschland und Schweden.Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der Autorin wider.