Ohne große Feier, aber auf neuen Wegen: Erstkommunion in Corona-Zeiten
Die Corona-Pandemie dauert nun schon über ein Jahr an und stellt die ganze Welt vor scheinbar unüberwindbare Herausforderungen. Auch für die Kirche ist diese Zeit schwer, denn die notwendigen Beschränkungen in der Krise machen es ihr fast unmöglich, eines ihrer "Uranliegen" zu verwirklichen, wie Markus Tomberg sagt. "Das Mitmachen bei Kirche, die Erfahrung von Gemeinschaft sind von großer Bedeutung für unseren Glauben", so der Fuldaer Professor für Religionspädagogik. Das sei in dieser Zeit nicht nur bei der Feier der Gottesdienste, sondern auch bei der Katechese zur Vorbereitung auf die Erstkommunion und dem anschließenden Fest zum erstmaligen Empfang des Altarsakraments besonders schwierig umzusetzen.
Der heute Sonntag, auch "Weißer Sonntag" genannt, ist im deutschsprachigen Bereich der klassische Termin für die Feier der ersten Kommunion – eine Tradition, die bis ins 17. Jahrhundert zurückgeht. Als erster Sonntag nach Ostern und feierliches Ende der entsprechenden Festtagsoktav bot er sich geradezu für die Erstkommunion an. Hinzu kommt, dass eines der fünf sogenannten Kirchengebote wenigstens einen Kommuniongang im Jahr vorschreibt, wenn möglich in der Osterzeit. "Doch viele Kirchengemeinden haben den einen Weißen Sonntag für die Erstkommunion bereits in den vergangenen Jahren aufgegeben", weiß Tomberg. Vor allem praktische Überlegungen seien der Hauptgrund dafür, denn mit mehreren Terminen könne man etwa den Bedürfnissen der Familien entgegenkommen.
Doch der Weiße Sonntag als traditioneller Termin der Erstkommunion muss in der aktuellen Krise weitere Rückschläge hinnehmen. Wurden bereits vor einem Jahr viele Termine für das Fest, auf das die Kinder und ihre Familien monatelang hingefiebert haben, abgesagt oder verschoben, so haben auch im zweiten Corona-Jahr viele Diözesen ihre Pfarreien dazu aufgefordert, ein späteres Datum für die Kommunionfeier festzulegen. So empfahlen einige Bistümer sogar einen Zeitraum bis nach den Sommerferien für die verlegte Feier, die selbstverständlich nur in mehreren kleinen Gruppen stattfinden kann.
Für Tomberg ist eine derartige Zerstückelung der Termine für das Fest kein großes Problem: "Eine Kirchengemeinde kann natürlich nicht jeden Sonntag Erstkommunion feiern." Aber durch die Verschiebung der Erstkommunion hat sich die Chance aufgetan, neu über den Sinn des Festes nachzudenken: Was ist wesentlich? Was hilft dabei, die eigentliche Bedeutung hervorzuheben? Dabei lief manchmal auch etwas schief: "Ich habe von einigen Pfarreien gehört, in denen für die Erstkommunion keine Messe, sondern ein Wortgottesdienst gefeiert werden soll, um kleine Gruppen zu ermöglichen", berichtet der Theologe. Tomberg habe keine generellen Einwände gegen Wort-Gottes-Feiern, doch der erste Empfang der Eucharistie solle natürlich in einer Heiligen Messe stattfinden.
Gerade die aktuell eher kleinen Feiern des traditionell sehr groß begangenen Festes würden jedoch auch Vorteile haben. "Nach meiner Erfahrung sind nicht wenige Eltern erleichtert, weil manche Traditionen auch belasten können", so Tomberg. Die kleinen Gruppen würden eine größere Partizipation der Erstkommunionkinder und ihrer Familien ermöglichen – und somit auch Freiheiten, etwa bei der Gestaltung der Gottesdienste. "Die Lebenswirklichkeit der Menschen, gerade auch in Bezug auf Corona, kann deshalb in den Gottesdienst eingebracht werden." Der Religionspädagoge hofft, dass diese positiven Entwicklungen auch nach Beendigung der Corona-Pandemie im kommenden Jahr in der Pastoral umgesetzt werden und sie nicht einfach wieder zur Situation vor der Krise zurückkehrt.
Hier finden Sie die Corona-Katechesen zur Erstkommunion
Das Angebot von Professor Markus Tomberg für das Jahr 2021 ist online unter dem unten zu findenden Link kostenlos verfügbar. Die Corona-Katechesen aus dem vergangenen Jahr finden Sie hier.
Einen Anhaltspunkt für die Beständigkeit der Veränderungen rund um die Feier der Erstkommunion könne man in einer Entwicklung erkennen, die in der Katechese zu beobachten sei. "In der Krise haben viele Seelsorgerinnen und Seelsorger über den Sinn der Erstkommunionvorbereitung nachgedacht", schildert Tomberg seine Beobachtungen. Es sei wichtig sich klarzumachen, dass Katechese mehr ist als die Vermittlung von Wissen über Glaube, Kirche und Sakramente. Gerade in der Corona-Zeit müssten die Befürchtungen der Kinder thematisiert werden. In diesem Bereich bestehe jedoch Nachholbedarf, so wie bei der Digitalisierung. Trotz der Erfahrungen in der ersten Zeit der Pandemie verstünden auch jetzt noch Katecheten unter Digitalisierung das Hochladen von Arbeitsblättern für die Familien auf einen Server der Kirchengemeinde. "Es sagt viel über Kirche und ihre Beziehung zur Gesellschaft aus, wenn Pastoral weiterhin so gemacht wird." Seelsorger müssten in den Bereichen Digitalisierung und Datenschutz besser ausgebildet werden.
Doch es gibt Lichtblicke: Neben dieser Hilflosigkeit in manchen Pfarreien habe es auch kreative Ansätze gegeben, die passgenau für die Corona-Situation konzipiert waren. So gab es in vielen Kirchengemeinden eine Katechese, die im Herbst mit Präsenz-Terminen begonnen und seit der Winterzeit in Distanz fortgeführt wurde. Ein wichtiger Baustein dieses Modells waren oft digitale Pinnwände, sogenannte Padlets, die Informationen, Katechesematerial und spielerische Anregungen verbunden haben. Viele Seelsorger haben zudem Aktivitäten entwickelt, die Begegnungen bei notwendiger physischer Distanz ermöglichten, wie Stationsspiele mit digitalen Anleitungen. Dabei wurde nicht selten die ganze Familie der Kommunionkinder miteinbezogen. Ein Trend, der nach Einschätzung von Tomberg auch nach Corona wichtig bleiben wird.
Nach Ansicht des Fuldaer Religionspädagogen, der selbst Katechesen speziell für die Corona-Zeit entwickelt hat, wird die Ausweitung der Erstkommunionvorbereitung über die Familie auf die ganze Kirchengemeinde in Zukunft eine größere Bedeutung erlangen. "In den Pfarreien gibt es gerade in der Pandemie, aber auch darüber hinaus zu wenig Beschäftigung mit den Sakramenten und der Eucharistie." Man könne dafür an die an vielen Orten noch gut laufende Erstkommunionvorbereitung anknüpfen und alle Gläubigen "mit ins Boot holen". Die schon jetzt erfolgten Entwicklungen und Innovationen will Tomberg daher in "Post-Corona-Katechesen" aufgreifen und weiterdenken. Denn: "Die Frage ist doch, was wir als Kirche aus der Krise gelernt haben. Ich glaube, es steckt auch Positives in dieser Zeit."