Der Benediktinerpater starb vor 125 Jahren

Anselm Schott und sein Messbuch für das Volk

Veröffentlicht am 22.04.2021 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Als Anselm Schott geboren wurde, war bei der Messfeier noch der lateinische, tridentinische Ritus üblich. Schott sollte dazu beitragen, dass der muttersprachliche Gottesdienst Einzug in die katholische Kirche hielt – und ein Text verursachte Wirbel.

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"Der Schott" – durch das nach ihm benannte Messbuch avancierte Anselm Schott zu einem der bekanntesten Benediktiner seiner Zeit. Sein deutsch-lateinisches Messbuch hat die aktive Teilnahme der Gemeinde am Gottesdienst gefördert und die Einführung der muttersprachlichen Liturgie vorbereitet. Schott konnte den Riesenerfolg seines Andachtsbuches "zum Gebrauche der Laien bei der heiligen Messe" jedoch nicht mehr lange erleben. Er starb am 23. April 1896 in Maria Laach, im Alter von nur 53 Jahren.

Ein Blick einige Jahrzehnte zurück: Leise murmelt der Priester die Liturgie. Lateinisch, mit dem Rücken zur Gemeinde liest er die heilige Messe. Das Kirchenvolk lebt in seiner eigenen Andacht, betet den Rosenkranz. Allein das Schellengeläut konzentriert die Aufmerksamkeit der Gemeinde auf das Mysterium der Wandlung: die heilige Messe nach tridentinischem Ritus. Das ist die liturgische Praxis, in die Friedrich August Schott 1843 im württembergischen Staufeneck geboren wurde.

Aufgewachsen ist er in einem konfessionell gemischten Elternhaus. Um eine höhere Schule besuchen zu können, wuchs der Junge bei der katholischen Verwandtschaft der Mutter auf. Schott entschied sich für das Studium der katholischen Theologie in Tübingen. An der Landesuniversität wehte ein frischer Wind: Hier lehrten der Kirchenhistoriker Karl Joseph von Hefele – später als Bischof auf dem Ersten Vatikanischen Konzil einer der profiliertesten Kritiker der päpstlichen Unfehlbarkeit – und der Ökumene-Pionier Johann Adam Möhler.

Von der Pfarrei ins Kloster

Schott trat eine erste Stelle in Biberach an. Aber der junge Priester war den Anforderungen praktischer Seelsorge nicht gewachsen. Also wurde er Benediktiner in Beuron. Die junge Gemeinschaft war erst 1863 von Maurus und Placidus Wolter gegründet worden. Die Wolters hatten in Rom und im französischen Kloster Solesmes frische Impulse benediktinischen Geistes erfahren.

Schott sprach 1870 die Gelübde, dabei versprach er auch die ordensübliche Ortsbeständigkeit. Doch der Kulturkampf machte ihn zum Wandermönch. Beuron wurde 1875 Opfer von Bismarcks Kirchenpolitik. Das Fürstentum Sigmaringen der katholischen Linie der Hohenzollern hatte seine Eigenständigkeit verloren und gehörte nun zu Preußen. Deshalb traf die Abtei das preußische Maigesetz; es trieb alle Orden, ausgenommen krankenpflegende Kongregationen, aus dem Land.

Bild: ©KNA

Heute wird die Messe ganz selbstverständlich in der Landessprache gefeiert.

Die Benediktiner von Beuron gründeten Töchterklöster im Ausland. Erste Etappe für Schott war das belgische Maredsous; es folgten die Beuroner Filialen in Prag, Seckau in der Steiermark und schließlich Maria Laach in der Eifel.

Wissenschaftliche Arbeit

Neben organisatorischen und pastoralen Aufgaben wuchs der gelehrte Benediktiner in das mühevolle Puzzeln wissenschaftlicher Editionsarbeit hinein: Abweichende Lesarten mussten geprüft werden, ausgefallene Begriffe oder historischer Hintergrund dem Leser erklärt werden.

Begeistert verfolgte Schott die Herausgabe des ersten Volksmessbuchs auf Französisch durch einen Mitbruder. Davon inspiriert konnte er im Juni 1883 einem Freiburger Verlag eine deutsche Übersetzung der Liturgie von Sonn- und Feiertagen anbieten. Wie ähnliche Werke, die in Frankreich, Belgien und Deutschland bereits erschienen waren, folgte seine Messliturgie dem Kirchenjahr nach Maßgabe des römischen Messbuchs.

Schon ein Jahr später lag "Das Messbuch der hl. Kirche" – der "Urschott" – in seiner ersten Ausgabe vor. Wirbel verursachte das Eucharistische Hochgebet, weil Schott es komplett übersetzt hatte. In der zweiten Auflage begnügte sich der Benediktiner mit einer Umschreibung, um den "Vorschriften der Kirche" zu genügen: Die Gebete des Kanon hätten "nur im Munde des Priesters ihre volle Bedeutung".

Noch immer hatte das Lateinische die Aura der heiligen Sprache, des Mysteriums aus dem Mund des geweihten Priesters. 1903 stellte sich schließlich Papst Pius X. mit seinem zündenden Leitwort von der "tätigen Teilnahme" der Gläubigen an die Spitze der liturgischen Erneuerung. "Der Schott" wurde damit eine Verständnisbrücke auf dem Weg zur Gemeinschaftsmesse nach der Liturgiereform des Zweiten Vatikanischen Konzils Anfang der 1960er Jahre.

Von Anselm Verbeek (KNA)