Schwester Jakoba Zöll über das Sonntagsevangelium

Von der Suche nach guten Hirtinnen und Hirten

Veröffentlicht am 24.04.2021 um 17:45 Uhr – Lesedauer: 
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Olpe ‐ Das, was aus Sicht des Sonntagsevangeliums einen guten Hirten ausmacht, wünscht sich Schwester Jakoba Zöll auch in ihrem Leben. Für sie ist der Bibeltext eine Einladung, im eigenen Leben zu schauen, wer aktuell Hirtin und Hirte ist.

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Impuls von Schwester Jakoba Zöll

"Ich bin der gute Hirte" (Joh 10,11) – das ist das vielleicht bekannteste Ich-bin-Wort Jesu aus dem Johannesevangelium. Hirte und Schafe als Bildwort für Jesus und seine Jüngerinnen und Jünger, oder dann in die kirchliche Struktur hinein transportiert für Leitungsamt und Gottesvolk ist den allermeisten wohlbekannt. Und nicht selten verbunden mit einem schalen Gefühl: Wer will schon "nur Schaf" sein, dessen einzige Kompetenz im Bildwort Jesu darin besteht, sich vom Hirten leiten zu lassen? Sofort ploppen vorkonziliare Kirchenstrukturen im Hinterkopf auf und veraltete Konzepte von Leitung scheinen sich in diesem Bildwort besonders wohl zu fühlen.

Trotz all dieser Bedenken und berechtigten Einsprüche bei der traditionellen Auslegung des Ich-Bin-Wortes, sei es Jesus als guter Hirte oder kirchliche Leitungsinstanz im Hirtenamt, lade ich Sie ein, mit mir heute einer anderen Spur zu folgen.

Denn das, was nach den Ausführungen des johanneischen Jesus einen guten Hirten ausmacht, das ist etwas, was ich mir für mein eigenes Leben durchaus wünsche. Ein guter Hirte gibt sein Leben hin für seine Schafe und kennt die Seinen so gut, wie der Vater ihn kennt (vgl. Joh 10,11-15). Mit anderen Worten, eine gute Hirtin, ein guter Hirte ist ein Mensch, der mich so sehr liebt, dem ich so wichtig bin, dass er sogar sein Leben hingeben würde, wenn es das bräuchte. Und dessen Beziehung zu mir so innig, vertrauensvoll und liebevoll ist, wie seine Beziehung zu Gott. Sie oder Er ist jemand, der mir hilft, meinen eigenen Weg zu finden, mir mit Rat und Gutem Beispiel zur Seite steht. Diese Sehnsucht nach einem solchen Menschen, der Orientierung bietet in unseren vielschichtigen Lebenssituationen, ist mehr als modern.

Das Johannesevangelium gibt eine ziemlich klare Antwort auf diese Hirtensuche: Jesus. Er ist der gute Hirte par excellence, auf den wir bauen dürfen. Diese Antwort bleibt gültig, selbstverständlich. Allerdings brauchen wir Menschen oft konkrete Vorbilder, die wir berühren können, mit denen wir ein Stück des Weges gehen können, die eine ähnliche Idee vom Leben haben und sich ähnliche Fragen stellen. Eben ganz konkrete, lebendige Menschen.

Vielleicht kann uns das heutige Evangelium dazu anregen, mal genauer zu schauen, wer uns in unserem Leben aktuell Hirtin und Hirte ist. Wer dient Ihnen zum Vorbild, macht Ihnen Mut auf Ihrem Lebensweg? Das können selbstverständlich die sein, die schon immer mit diesem Bildwort assoziiert wurden und werden. Aber eben genau so gut, jede und jeder andere Mensch, der Ihnen mit dem eigenen Leben ein Beispiel dafür gibt, wie Christ- und Christin-Sein konkret funktionieren kann. Die Ihnen Mut machen, inmitten des kirchlichen Chaos, der gesellschaftlichen Herausforderungen und politischen Umbrüche, festzuhalten an dem, und neu zu entdecken, was Ihnen wichtig ist, was Sie vom Evangelium verstanden haben.

Von Schwester Jakoba Zöll

Aus dem Evangelium nach Johannes (Joh 10,11–18)

In jener Zeit sprach Jesus: Ich bin der gute Hirt. Der gute Hirt gibt sein Leben hin für die Schafe. Der bezahlte Knecht aber, der nicht Hirt ist und dem die Schafe nicht gehören, sieht den Wolf kommen, lässt die Schafe im Stich und flieht; und der Wolf reißt sie und zerstreut sie. Er flieht, weil er nur ein bezahlter Knecht ist und ihm an den Schafen nichts liegt.

Ich bin der gute Hirt; ich kenne die Meinen und die Meinen kennen mich, wie mich der Vater kennt und ich den Vater kenne; und ich gebe mein Leben hin für die Schafe. Ich habe noch andere Schafe, die nicht aus diesem Stall sind; auch sie muss ich führen und sie werden auf meine Stimme hören; dann wird es nur eine Herde geben und einen Hirten. Deshalb liebt mich der Vater, weil ich mein Leben hingebe, um es wieder zu nehmen. Niemand entreißt es mir, sondern ich gebe es von mir aus hin. Ich habe Macht, es hinzugeben, und ich habe Macht, es wieder zu nehmen. Diesen Auftrag habe ich von meinem Vater empfangen.

Die Autorin

Schwester Jakoba Zöll ist Novizin der Olper Franziskanerinnen. Sie hat an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms Universität Bonn Theologie studiert und wird nach dem Kanonischen Jahr dort ihre Promotion in Mittlerer und Neuerer Kirchengeschichte beginnen.

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