Weniger politische Schwergewichte, viele Aufgaben: Das ZdK im Umbruch
Es ist eine bleierne Zeit, und es ist eine herausfordernde Zeit: Wenn das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) am Freitag und Samstag seine Frühjahrsvollversammlung abhält, können die 230 Delegierten nur wenig "business as usual" erwarten.
Nicht nur, dass die Vollversammlung zum zweiten Mal komplett online tagt. Auch die turnusgemäße Neuwahl der 45 Einzelpersönlichkeiten findet digital und mit mehrtägigem Vorlauf statt. Corona hat auch den 3. bundesweiten Ökumenischen Kirchentag (ÖKT) – und damit auch die Mit-Gastgeber vom ZdK – vor riesige Herausforderungen gestellt. Eine mühsame Organisation mit ständig wechselnden Pandemie-Lagen und unübersichtlichen Entscheidungssituationen liegt hinter den Verantwortlichen. Während die Politik derzeit über Notbremsen debattiert, ist klar, dass der ÖKT nur als digitale Rumpfveranstaltung vom 13. bis 16. Mai in Frankfurt stattfindet. Bei der Vollversammlung werden die Delegierten über den jüngsten Stand der Vorbereitungen informiert.
Dass unter Corona-Bedingungen vom ÖKT ein Signal des Aufbruchs ausgehen könnte, wie viele gehofft hatten, ist kaum vorstellbar. Umso größer dürften die Erwartungen der Delegierten an den nächsten deutschen Katholikentag in Stuttgart Ende Mai 2022 sein. Denkbar, dass dann – auf Einladung von ZdK und Bistum – wieder Zehntausende Katholiken leibhaftig zusammentreffen können – in einer Stadt, die lange sehr stark protestantisch geprägt war und in der der Katholizismus stark von Migranten repräsentiert wird.
Kein Verzicht auf prominente Namen
Personell steht das ZdK gleich in mehrfacher Hinsicht vor einem Umbruch: Bei der Neuwahl der 45 Einzelpersönlichkeiten kandidieren politische Schwergewichte nicht erneut – darunter SPD-Politiker Wolfgang Thierse, Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU), der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und die Präsidentin der Deutschen Unesco-Kommission, Maria Böhmer (CDU).
Auf prominente Namen muss das ZdK dennoch nicht verzichten: Im ersten Wahlgang wurden bereits Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU), Kulturstaatsministerin Monika Grütters, die Ministerpräsidenten Daniel Günther (CDU) und Malu Dreyer (SPD) sowie ZDF-Intendant Peter Frey in die Vollversammlung gewählt. Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) erhielt nicht die notwendige Stimmenzahl und zog ihre Kandidatur zurück.
Zugleich kann sich ZdK-Generalsekretär Marc Frings darüber freuen, dass sich mit 105 Männern und Frauen so viele Kandidaten wie nie zuvor auf die 45 Plätze beworben haben. Er zeigte sich denn auch beeindruckt von einer hohen Bereitschaft zum ehrenamtlichen Engagement für einen starken Laienkatholizismus "gerade angesichts der aktuellen Krisenhaftigkeit der Kirche".
Umzug in die Hauptstadt
Ein Umbruch steht auch für das Sekretariat des ZdK an. Frings will bei der Vollversammlung über den am 1. Januar anstehenden Umzug von Bonn nach Berlin und über das neue Arbeitskonzept in der Hauptstadt informieren. Begründet wurde der Umzug mit einer größeren Nähe zu politischen Entscheidungsträgern. Die politische, mediale und gesellschaftliche "Präsenz" des ZdK werde verbessert.
Erneut wird sich die Vollversammlung mit den Dauerbaustellen der vergangenen Jahre befassen: Erwartet wird der Prager Priester Tomas Halik mit einem Vortrag über die "Herausforderung des Christseins in der säkularen Gesellschaft". Geplant sind außerdem Workshops zu Themen des Reformprozesses Synodaler Weg, der sich mit Sexualmoral, der priesterlichen Lebensform, Macht und Gewaltenteilung sowie der Rolle von Frauen in der Kirche auseinandersetzt.
Ein eigener Programmpunkt ist das Thema sexualisierte Gewalt. Die Vollversammlung will mit Betroffenen ins Gespräch kommen. Vorstellen will sich zudem ein neuer ZdK-Arbeitskreis, der sich mit Missbrauch durch Laien in der Kirche befassen soll. ZdK-Präsident Thomas Sternberg hatte dazu erklärt, "dass die Verbrechen sexualisierter Gewalt nicht nur eine Frage von Klerikern sind". In den Blick genommen werden müssten auch der 'Ko-Klerikalismus' in den Gemeinden oder Missbrauch in Verbänden. Aber auch die bereits vielfach erarbeiteten Präventionskonzepte.