Zollner: Blick weiten auf alle Formen von Missbrauch
Das Zentrum für Kinderschutz (Centro per la Protezione dei Minori, CCP) der päpstlichen Universität Gregoriana wird zum 1. September unter dem neuen Namen "Institut für Anthropologie - Interdisziplinäre Studien zu Menschenwürde und Sorge für schutzbedürftige Personen" (IADC) deutlich aufgewertet. Gegenüber katholisch.de erläuterte der Leiter des CCP, Pater Hans Zollner SJ, am Mittwoch, dass der neue Name nicht bedeute, dass dem Kinderschutz ein geringerer Stellenwert beigemessen werde. "Wir können nicht mehr nur im Bereich des Kinderschutzes arbeiten", so der Jesuit: "Die Wahrnehmung in der Kirche und in der Gesellschaft hat sich verändert." Durch die Berücksichtigung von "schutzbefohlenen Personen" im kirchlichen Recht und durch kirchliche und gesellschaftliche Debatten über den Missbrauch an Ordensfrauen, geistlichen Missbrauch und die #MeToo-Bewegung sei deutlich geworden, dass man den Blick weiten müsse, um Menschen umfassend zu schützen.
"Während sich die Arbeit des CCP noch weitgehend auf den Missbrauch von Kindern konzentrierte, begann es mit der Zeit, verschiedene Diskussionen über den Missbrauch gefährdeter Personen einzubeziehen", teilte das Zentrum am Mittwoch mit. So sei der Fokus allmählich erweitert worden, um diese Problematik aus dem Blickwinkel der Menschenwürde zu bearbeiten. Die weltweite Resonanz in der Kirche und in der Wissenschaft hätten gezeigt, dass es einen anderen institutionellen und akademischen Ansatz als bisher brauche, der die Kapazität des bisherigen Zentrums übersteige.
Künftig auch Promotionsstudiengänge
In der vergangenen Woche hatte der Rektor der Universität, Pater Nuno da Silva Gonçalves SJ, die Veränderung im CCP mitgeteilt. Das bisherige Zentrum erhält künftig einen eigenen Lehrkörper und das Promotionsrecht in Anthropologie. Bisher werden dort Diplom- und Lizentiatsstudiengänge angeboten. Gegenüber katholisch.de zeigte sich Zollner sehr zufrieden mit der Entwicklung, an der er in den letzten zwei Jahren mitgearbeitet hatte. Von der Aufwertung des Zentrums erhofft er sich vor allem mehr Möglichkeiten der akademischen Kooperation in Forschung und Lehre. "Das wird durch die Aufwertung künftig besser möglich sein", so Zollner. Bisher war CCP Teil des Instituts für Psychologie der Gregoriana.
Das Kinderschutzzentrum wurde 2012 gemeinsam von der Gregoriana, der Erzdiözese München-Freising sowie der Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie der Universitätsklinik Ulm gegründet, zunächst mit Sitz in München. Seit 2015 befindet es sich in Rom. Seit 2016 bietet das CCP einen Diplomstudiengang "Safeguarding" an, der sich mit Kinderschutz und Missbrauchsprävention befasst, außerdem wurde bereits in der Anfangszeit eine Online-Fortbildung zum Kinderschutz entwickelt. Der Jesuit Hans Zollner, der seit 2003 Psychologie an der Gregoriana lehrt, gilt als einer der führenden Fachleute auf dem Gebiet der Prävention des sexuellen Missbrauchs in der Kirche. Seit 2014 ist er Mitglied der Päpstlichen Kommission für den Schutz von Minderjährigen und Leiter des CCP. Zudem war er Mitglied der Unter-Arbeitsgruppe "Forschung und Lehre" der von der deutschen Bundesregierung eingesetzten Arbeitsgruppe Runder Tisch Sexueller Kindesmissbrauch. (fxn)