Kritik an unzureichender Frauenförderung – Erzbistum Berlin reagiert
Der Diözesanrat der Katholiken im Erzbistum Berlin und fünf katholische Verbände haben der Spitze der Erzdiözese eine unzureichende Förderung von Frauen vorgeworfen. "Dass die Frauenfrage mit über die Zukunft der Kirche entscheidet, ist inzwischen unbestritten. Bei der Berliner Bistumsleitung allerdings ist kein ernsthafter Wille erkennbar, Frauen sichtbar zu machen. Frauen und ihre Belange sind strukturell unterrepräsentiert", heißt es in einer am Donnerstag veröffentlichten Erklärung zum "Tag der Diakonin". Der Diözesanrat und die Verbände forderten Erzbischof Heiner Koch und Generalvikar Manfred Kollig auf, sich zur Frauenfrage zu positionieren. Frauen und ihre Belange müssten strukturell sichtbar sein, nur eine geschlechtergerechte Kirche sei zukunftsfähig.
Koch und Kollig wiesen die Kritik der Organisationen am Donnerstagnachmittag indirekt zurück. "Frauen nehmen in der Leitung des Erzbistums Berlin, in unseren Schulen, in den Gremien, in der Beratung und vielen weiteren Bereichen des Erzbistums Berlin eine entscheidende Rolle ein", erklärten Erzbischof und Generalvikar in einer gemeinsamen Stellungnahme auf Anfrage von katholisch.de. Beispielhaft nannten sie den Berliner Diözesan-Caritasverband und den Diözesanrat, die Abteilungen Personal, Seelsorge und Bildung im Erzbischöflichen Ordinariat sowie elf katholische Schulen in Berlin, die allesamt von Frauen geleitet würden. Darüber hinaus stellten Frauen künftig die Präsidentin und Vizepräsidentin der Katholischen Hochschule, an der 26 Professorinnen und 13 Professoren tätig seien.
Koch: Frauen prägen entscheidend das "Gesicht" von Kirche
Frauen prägten entscheidend die Verkündigung und das "Gesicht" von Kirche, auch in der Berliner Öffentlichkeit, so Erzbischof und Generalvikar weiter. Viele Orden, Geistliche Gemeinschaften und Gremien sowie Gruppen in Pfarrgemeinden würden von Frauen geleitet. "Kirche hat keine Zukunft, wenn sie die Anliegen und Forderungen von Frauen mit ihren unterschiedlichen Ansichten und Überzeugungen nicht aufgreift. Gern werden wir weiter mit den Frauen, ihren Verbänden und Gemeinschaften in unserem Erzbistum daran weiterarbeiten", erklärten Koch und Kollig wörtlich.
Als Beispiel für das von ihnen beklagte Defizit hatten der Diözesanrat und die Verbände zuvor die diözesane Frauenkommission genannt, die seit Februar 2020 nicht mehr existiere. Das Gremium sollte Frauen im Erzbistum eine Stimme geben und den Erzbischof beraten, wie Frauen verstärkt das Leben der Kirche mitgestalten könnten. Laut der ehemaligen Vorsitzenden Theresia Jonczyk fehlten der Kommission jedoch Rückhalt und Unterstützung von der Bistumsleitung. Auch die Stelle der Referentin für Frauenpastoral ist den Angaben zufolge seit Mai 2020 nicht mehr besetzt. Die "fürs gesamte Bistum relevante Fachstelle für Frauenspiritualität und Frauenfragen" solle durch einen "Referenten (m/w/d) im Bereich Pastoral mit dem Schwerpunkt Glaubenskommunikation, Katechese und digitale Verkündigung" ersetzt werden. In der aktuellen Ausschreibung kämen keine Frauen vor, Frauenfragen sollten offenbar als "Querschnittsthemen" mitgedacht werden.
Katholische Verbände erneuern Forderungen zum "Tag der Diakonin"
Wenn das Erzbistum weiter auf die Tatkraft von Frauen bauen wolle, könne es so wie bisher nicht weitergehen, so die Organisationen. Es reiche nicht aus, Frauen nur "mitzudenken". "Frauen müssen eigens sichtbar gemacht werden – in kirchlichen Ämtern, kirchenpolitischen Gremien, in der Seelsorge. Frauen im Erzbistum Berlin brauchen eine Anlaufstelle, der sie vertrauen können. Frauenthemen gehören auf die bischöfliche Tagesordnung", heißt es wörtlich in der Erklärung, die neben dem Diözesanrat von den Berliner Vertretungen des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ), des Katholischen Deutschen Frauenbundes (KDFB), der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschland (kfd), des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF) und von "In Via" unterzeichnet wurde.
Der "Tag der Diakonin" wird seit 1997 jährlich am 29. April vor allem von Reformgruppen begangen. Es ist der Festtag der heiligen Katharina von Siena (1347-1380), die in der katholischen Kirche den Ehrentitel einer Kirchenlehrerin trägt. Aus Anlass des Tages bekräftigten mehrere katholische Verbände am Donnerstag erneut ihre Forderung nach einer Öffnung des sakramentalen Diakonats für Frauen. "Nur eine Kirche, in der sich Gerechtigkeit verwirklicht, ist eine glaubwürdige Kirche. Diakonisches Handeln gehört zu den Wesensmerkmalen der Kirche und ist nicht an ein Geschlecht gebunden. Frauen und Männer sind als Getaufte und Gefirmte in gleicher Weise berufen, den Dienst an den Nächsten zu verwirklichen", teilten der KDFB, die kfd, das Netzwerk Diakonat der Frau und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) mit. (stz)