Bischöfe fordern Solidarität bei weltweiter Corona-Impfstoffverteilung
Die deutschen Bischöfe rufen zur Solidarität bei der weltweiten Verteilung von Impfstoffen auf. "Trotz vieler Schwierigkeiten gibt es begründete Hoffnungen, bis zum Sommer einen beachtlichen Teil der Bevölkerung in Deutschland und Europa mit Impfungen vor dem Corona-Virus schützen zu können. Aber es wird immer deutlicher, dass wir die Pandemie auch in unserem Land erst dann überwunden haben werden, wenn sie weltweit besiegt ist", heißt es in einer am Dienstag in Bonn verbreiteten Erklärung mehrerer Bischöfe, die mit Fragen der internationalen Zusammenarbeit befasst sind.
Es sei von größter Bedeutung, alles dafür zu tun, dass Impfstoffe so rasch wie möglich in allen Ländern eingesetzt werden könnten. "Es ist ein Gebot der Solidarität, weltweiter Geschwisterlichkeit und des wohlverstandenen Eigeninteresses gleichermaßen", heißt es. Die wohlhabenden Staaten stünden in der Pflicht, den Menschen weltweit Zugang zu Schutzausrüstung, Tests, Geräten, Medikamenten und Impfstoffen zu ermöglichen. Die Verantwortung der besser gestellten Länder ende nicht an ihren Staatsgrenzen.
"Wir nehmen die große Ungeduld vieler Menschen in unserem Land wahr und können sie nachvollziehen. Mit Sorgen warten sie darauf, dass von ihnen geliebte Menschen und sie selbst bald geimpft werden können", so die Bischöfe. Es sei aber ungerecht, wesentlich mehr Impfstoff zu sichern, als für den Schutz der eigenen Bevölkerung notwendig sei. "Menschen in ärmeren Ländern, die über die geringsten Ressourcen und Möglichkeiten verfügen, sich vor einer Covid-19-Erkrankung zu schützen oder Erkrankte zu versorgen, müssen schnell geimpft werden", so der Appell. Auch Menschen auf der Flucht seien großen Risiken oft völlig schutzlos ausgesetzt.
Bischöfe verweisen auf Papst Franziskus
Neben der Frage der Menschlichkeit sei es auch eine Frage der Vernunft, diese Menschen zeitnah zu impfen, denn dort, wo sich Viren ungehindert verbreiten, würden weitere Mutationen auftreten, die wiederum auf Europa zurückwirken könnten. Die Bischöfe verwiesen auf internationale Hilfestellungen unter dem Dach der Weltgesundheitsorganisation WHO und riefen Unternehmen dazu auf, Unterstützungsmöglichkeiten beim Thema Patente und Know-how im Sinn ihrer Gemeinwohlverantwortung in Erwägung zu ziehen. "Auf der politischen Agenda steht aber auch die Frage, wie wir mittel- und längerfristig zu einer global breiter aufgestellten Infrastruktur für eine hinreichende Produktion und Verteilung von Impfstoffen gelangen können", so die Erklärung.
"Es ist an der Zeit, bei der Bekämpfung der Pandemie Mitverantwortung zu übernehmen für die Schwachen und Marginalisierten weltweit", sagten die Bischöfe mit Verweis auf die Worte von Papst Franziskus vor einem Jahr zu Beginn der Pandemie: "Uns wurde klar, dass wir alle im selben Boot sitzen, alle schwach und orientierungslos sind, aber zugleich wichtig und notwendig, denn alle sind wir dazu aufgerufen, gemeinsam zu rudern, alle müssen wir uns gegenseitig beistehen."
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Auch Papst Franziskus hat sich mehrfach für eine solidarische Verteilung von Covid-19-Impfstoff ausgesprochen. "Impfstoffe für alle, vor allem für die Verletzlichsten und Bedürftigsten in allen Regionen des Planeten", forderte er etwa in seiner Weihnachtsansprache.
Die gemeinsame Erklärung stammt vom Vorsitzenden der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Ludwig Schick (Bamberg), Sozialbischof Franz-Josef Overbeck (Essen) und dem Vorsitzenden der Deutschen Kommission Justitia et Pax, Bischof Heiner Wilmer (Hildesheim).
Das Würzburger Missionsärztliche Institut (MI) und die deutschen Jesuiten haben den Appell der Bischöfe begrüßt. Bedauerlich sei aber, dass sie nicht dezidierter zur Frage der vorübergehenden Aussetzung von Patenten auf Impfstoffe Stellung bezogen hätten, heißt es in einer am Dienstag gemeinsam veröffentlichten Erklärung.
Aussetzung von Patentrechten sei bedeutend
Der Direktor des Hilfswerks "Jesuiten weltweit", Pater Klaus Väthröder, sagte, die Bischöfe sprächen nur die mögliche Erteilung von Zwangslizenzen nach dem TRIPS-Abkommen an und begrüßten, dass die Diskussion darüber "an Fahrt aufgenommen hat". Die zeitweise Aussetzung von Patentrechten sei aber integraler Bestandteil einer Strategie gegen Impfnationalismus. "Ein eindeutiger Schulterschluss der deutschen Bischöfe mit den Kirchen des Globalen Südens in dieser Angelegenheit wäre ein wichtiges Zeichen der Solidarität gewesen", sagte Väthröder.
Die vorübergehende Aussetzung von Patentrechten auf medizinische Produkte im Kampf gegen COVID-19 für die Dauer der Pandemie sei bedeutend, weil sie die Bereitschaft zur Suche nach sachdienlichen Lösungen und Kompromissen erheblich beschleunige. Dies werde deutlich, seit die USA, Spanien, Kanada und andere Staaten ihre Blockadehaltung aufgegeben hätten. Deutschland gehöre zur immer kleiner werdenden Gruppe reicher Staaten, die konstruktive Lösungen für das universale Gemeinwohl zu blockieren drohten, kritisierten beide Organisationen. (cbr/KNA/epd)
11.5., 19:30 Uhr: Ergänzt um Erklärung des Missionsärztlichen Instituts und der Jesuiten.