Daniela Hottenbacher nennt Ziele für ihre Amtszeit

Neue BDKJ-Vorsitzende: Viele Mädchen und Frauen spüren Berufung

Veröffentlicht am 15.05.2021 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Mainz ‐ Rund 660.000 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene vertritt der BDKJ nach eigenen Angaben. Zu seinem Bundesvorstand gehört seit einer Woche auch Daniela Hottenbacher als ehrenamtliche Vorsitzende. Im katholisch.de-Interview spricht die 30-Jährige darüber, was sie im neuen Amt erreichen will.

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Daniela Hottenbacher wurde vergangenen Samstag zur neuen ehrenamtlichen Bundesvorsitzenden des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) gewählt. Die 30-Jährige stammt aus dem Bistum Mainz und leitet den dortigen Diözesanverband des BDKJ. Im Interview spricht sie über die Herausforderungen, vor denen die Kirche steht, die Ziele für ihre Amtszeit und wo sie sich in der Kirche daheim fühlt.

Frage: Herzlichen Glückwunsch zur Wahl. Haben sich schon viele Gratulanten bei Ihnen gemeldet?

Hottenbacher: Vielen Dank. Ja, ich habe schon viele Glückwünsche bekommen. Ansonsten waren die vergangenen Tage sehr turbulent, weil ich spontane Interviews fürs Radio gegeben habe und mich – anders als geplant – nach der BDKJ-Hauptversammlung am Wochenende nicht entspannen konnte. Aber vielleicht ist das auch ein Vorgeschmack auf das, was mir im neuen Amt bevorsteht... (lacht)

Frage: Die stockende Aufarbeitung von Missbrauch, das Segensverbot für gleichgeschlechtliche Paare aus dem Vatikan und vieles mehr: Die Kirche steckt in einer großen Krise. Mit welchem Gefühl treten Sie angesichts dieser Herausforderungen Ihr Amt an?

Hottenbacher: Mir ist bewusst, dass wir uns im BDKJ auf alle Fälle für die Kinder und Jugendlichen in den Jugendverbänden einsetzen müssen, denn sie sind die Zukunft der Kirche. Wir werden die Chance ergreifen, diesen Prozess des kirchlichen Wandels mitzugestalten. Aber natürlich spüre auch ich Unsicherheit, ob das überhaupt gelingen kann. Gleichzeitig spüre ich eine große Motivation und Bestärkung durch die Mitglieder unserer Verbände, die diese Kirche noch nicht aufgegeben haben.

Frage: Was bedeutet diese Bereitschaft zur Mitgestaltung ganz konkret, wenn man etwa auf die Segnungen für homosexuelle Paare schaut?

Hottenbacher: Ich finde, dass der Aktionstag mit den Segnungsgottesdiensten unheimlich wichtig für alle queeren Personen war. Bei der Hauptversammlung hat sich der BDKJ positioniert und ganz klar für diese Segnungen ausgesprochen. Wir haben sogar eigene Gottesdienste angeboten, hauptsächlich virtuell. Das Thema muss auch in den kommenden Jahren vorangetrieben werden. Während meiner Amtszeit möchte ich diesen Prozess begleiten und Homosexuelle sowie alle Menschen aus der LGBTQI-Community in der Kirche unterstützen, sowie Perspektiven für sie schaffen. Sie sollen sich über die Arbeit in ihrem Jugendverband trotz allem mit der Kirche identifizieren können.

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Frage: Haben Sie weitere Ziele für Ihre Amtszeit? Oder Themen, die Ihnen besonders am Herzen liegen?

Hottenbacher: Ich möchte mich für die Weihe von Frauen zu Priesterinnen einsetzen, denn in zahlreichen Gesprächen in der Verbandsarbeit habe ich gemerkt, wie viele Mädchen und Frauen diese Berufung verspüren. Das ist alle Unterstützung wert! Aktuell ist es wichtig, dass Kinder- und Jugendverbandsarbeit in der Corona-Krise wieder an Fahrt gewinnt. Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene dürfen – wie es vielfach aktuell geschieht – nicht nur als Schülerinnen und Schüler, Auszubildende oder Studierende gesehen werden, sondern auch als junge Menschen, die außerschulische Lernorte brauchen. Und ich freue mich sehr auf die neue 72-Stunden-Aktion im Jahr 2024. Dieses Event möchte ich gut vorbereiten und zu einer gelungenen Aktion in Deutschland machen – so wie in den Jahren zuvor. Außerdem möchte ich mich für eine starke Mädchen- und Frauenpolitik inner- und außerhalb der Kirche einsetzen. 

Frage: Sie haben die Situation von Kindern und Jugendlichen in der Corona-Krise angesprochen. Was kann der BDKJ tun, um die Lage der jungen Menschen hier zu verbessern?

Hottenbacher: Aktuell versuchen die Jugendverbände, ihre Kinder und Jugendlichen durch virtuelle Gruppenstunden zu erreichen. Es ist schwierig, auch im Freizeitbereich etwas Digitales anzubieten, wenn die Schule schon online stattfindet. Wir sehen es im BDKJ als unsere Aufgabe an, sich in der Kirche, aber besonders in der Politik für die Jugendarbeit als Entwicklungsort starkzumachen. Selbstverständlich müssen auch die Schulen schrittweise wieder geöffnet werden, aber das ist eben nicht alles. Auch Gruppenstunden haben ihre Berechtigung. Die ehrenamtlichen Betreuerinnen und Betreuer benötigen zudem Unterstützung bei der Umsetzung von Hygiene-Konzepten: Wenn wegen der Maßnahmen etwa größere Räume gebraucht werden, sollte es nicht an den Verbänden hängen bleiben, diese finanzieren zu müssen. Außerdem sollten jetzt aber auch nach Corona, umfangreiche materielle und finanzielle Hilfen an die Jugendverbände und die Bildungs- und Tagungseinrichtungen gezahlt werden. Orte für verbandliches Leben müssen auch weiterhin zur Verfügung stehen. 

Frage: Werden Sie in Zukunft aufgrund Ihres neuen Amtes auch beim Synodalen Weg und im Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) mitarbeiten?

Hottenbacher: Im ZdK werde ich auf alle Fälle mitarbeiten und wahrscheinlich auch als Vertreterin des BDKJ im Deutschen Bundesjugendring. Aber die genaue Planung dieser Aufgaben besprechen wir im Bundesvorstand erst in den kommenden Wochen. Daher kann ich noch nicht genau sagen, ob ich auch beim Synodalen Weg dabei sein werde. Aber mit Gregor Podschun sind wir dort schon jetzt sehr gut vertreten.

Frage: Bei der BDKJ-Hauptversammlung wurde keine hauptamtliche Bundesvorsitzende gewählt. Bedeutet das auch mehr Arbeit für Sie?

Hottenbacher: Ich bedauere sehr, dass die angetretene Kandidatin Priya George nicht gewählt wurde und es wird sicherlich mehr Arbeit für die anderen Mitglieder des Bundesvorstands bedeuten. Ich hatte mich schon im Vorfeld damit auseinandergesetzt, dass es so kommen könnte, da die Kandidatur sehr kurzfristig war. Ich bin auf diese Mehrarbeit eingestellt, aber wir müssen im Vorstand schauen, wie wir das verteilt bekommen. Ich hoffe, dass wir bei unserer nächsten Hauptversammlung eine Kandidatin haben und eine neue hauptamtliche Bundesvorsitzende wählen werden. Eigentlich würde die nächste Hauptversammlung erst im kommenden Jahr stattfinden, aber wir haben am vergangenen Wochenende beschlossen, dass wir noch in diesem Jahr im Herbst oder Winter eine weitere Hauptversammlung abhalten werden.

Ein Kreidebild des Logos des 72-Stunden-Aktion vor dem Kölner Dom.
Bild: ©KNA (Archivbild)

Bei der BDKJ-Hauptversammlung wurde eine neue 72-Stunden-Aktion für das Jahr 2024 angekündigt. Dieses Kreidebild des Logos der Aktion hat sich vor dem Kölner Dom befunden.

Frage: Was müssen die Mitglieder der Verbände des BDKJ über die neue Vorsitzende Daniela Hottenbacher wissen?

Hottenbacher: Ich bin eine sehr offene Person und gehe gerne auf Menschen zu. Ich arbeite mit Herzblut für den BDKJ und die Jugendverbände, weil sie einfach großartige Arbeit leisten. Ob an der Basis oder auf der mittleren regionalen Ebene, die Mitglieder unserer Verbände stecken so viel Herzblut in ihre Arbeit! Es bedeutet mir sehr viel, das nach außen zu vertreten – sei es durch laute Aktionen oder ruhige Gespräche. Ich liebe meinen Job als Physiotherapeutin und mein B.A.-Studium Soziale Arbeit und Sport, weshalb ich mich nicht für das Hauptamt beworben habe.

Frage: Gibt es außerhalb der Jugendverbandsarbeit und des BDKJ einen Bereich in der Kirche, in dem Sie sich zuhause fühlen?

Hottenbacher: Meine Heimat in der Kirche ist eindeutig die Sternsingeraktion, die in meiner Gundersheimer Heimat außerverbandlich stattfindet. Bis vor Corona habe ich in meiner Gemeinde auch ökumenische Kindergottesdienste gestaltet und ich spiele in unserer Kirchenmusikgruppe Gitarre. 

Frage: Was können Sie aus Ihrem Beruf als Physiotherapeutin in Ihr neues Amt einbringen?

Hottenbacher: In meinem Beruf bringe ich Menschen durch Therapie wieder in Bewegung und helfe ihnen, gesund zu werden. Jeden Tag motiviere ich meine Patientinnen und Patienten und gebe ihnen den Impuls, sich zu bewegen oder auch mal ganz herunterzufahren und sich zu entspannen. Das möchte ich eindeutig auch mit der Kirche machen: Sie in Bewegung bringen und zu Veränderungen motivieren. 

Von Roland Müller