Steinmeier: Versöhnung wird länger dauern als Corona-Pandemie selbst

ÖKT endet mit Plädoyers für Zusammenhalt und Gerechtigkeit

Veröffentlicht am 16.05.2021 um 11:20 Uhr – Lesedauer: 

Frankfurt ‐ Mit einem Gottesdienst ist heute der Ökumenische Kirchentag in Frankfurt zu Ende gegangen. In ihrer Predigt betonte Schwester Katharina Ganz den Auftrag der Kirche, zum guten Leben aller beizutragen. Dazu brauche es die Mithilfe aller.

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Mit Plädoyers für Gerechtigkeit und gesellschaftlichen Zusammenhalt beim Gottesdienst am Mainufer endete der Ökumenische Kirchentag in Frankfurt. "Zum guten Leben aller beizutragen, ist der Auftrag unserer Kirchen", betonte die Generaloberin der Oberzeller Franziskanerinnen, Schwester Katharina Ganz, die zusammen mit der methodistischen Pfarrerin Mareike Bloedt beim Schlussgottesdienst am Sonntagmorgen predigte. Um menschengemachte Ungerechtigkeiten zu beseitigen, brauche es die Mithilfe aller, so Ganz. Dazu gehöre es, männliche Herrschaft zu überwinden, Berufungen und Charismen aller Getauften und Gefirmten ernst zu nehmen, Überlebende von sexualisierter Gewalt in die Mitte zu stellen und die Menschenrechte in den eigenen Reihen zu respektieren. Außerdem forderte die Franziskanerin, Frauen den Zugang zu allen Ämtern und Diensten zu ermöglichen und ein neues Miteinander zwischen den Geschlechtern und ökumenische Geschwisterlichkeit zu leben.

Die beiden Präsidenten des Ökumenischen Kirchentags, Bettina Limperg und Thomas Sternberg, zogen im Gottesdienst eine positive Bilanz der Veranstaltung. Auch wenn der Kirchentag nicht in Präsenz hatte stattfinden können, stehe er in der Kontinuität der ökumenischen Christentreffen. Beide betonten den Einsatz von Christen für Menschen in Not und für Gerechtigkeit. "Wir wenden uns entschieden gegen jede Form von Gewalt und Machtmissbrauch, auch in unseren Kirchen. Dazu gehört schonungslose Aufarbeitung und konsequentes Handeln", betonte Sternberg.

Beim ökumenischen Gottesdienst auf der Bühne auf der Weseler Werft konnten 400 Teilnehmende in Präsenz teilnehmen, das ZDF übertrug live. Geleitet wurde der Gottesdienst durch den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), den Limburger Bischof Georg Bätzing, dem Kirchenpräsidenten der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, Volker Jung, und dem Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft der Christlichen Kirchen in Deutschland (ACK), Erzpriester Radu Constantin Miron.

Bundespräsident ruft zu gesellschaftlichem Zusammenhalt nach Corona auf

Zu den Gästen gehörte auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der in einem Grußwort vor Beginn der Feier erneut antisemitische Demonstrationen verurteilte und den gesellschaftlichen Zusammenhalt in und nach der Corona-Pandemie anmahnte. "Vergessen wir diejenigen nicht, die kein Homeoffice machen können, sondern an vorderster Front für uns schuften, die einsam und allein sind, die Schaden an der Seele nehmen, und auch nicht die, die in der Familie Gewalt erfahren", so Steinmeier. Die sozialen Folgen des Virus würden nicht einfach so verschwinden. Der Prozess der gesellschaftlichen Versöhnung werde länger dauern als die Monate der Pandemie. "Wir müssen wieder Brücken bauen zwischen Menschen und Gruppen, die die Pandemie verfeindet hat", betonte Steinmeier. "Wir müssen nicht einer Meinung sein, aber wir brauchen einander." Der Bundespräsident würdigte auch den Beitrag des Kirchentags und der Christen zur Gesellschaft: "Die Welt sieht, dass der Glaube nicht nur Vergangenes bewahrt, sondern sich der Zukunft zuwendet und ihre Herausforderungen annimmt." Beim Kirchentag hätte man erfahren, "wie viel mehr uns als Christen verbindet als uns trennt".

Der dritte Ökumenische Kirchentag fand von Donnerstag bis Sonntag in Frankfurt am Main und "digital und dezentral" an über 100 Orten statt. Aufgrund der Corona-Pandemie war keine Teilnahme vor Ort möglich. Nach den Ökumenischen Kirchentagen in Berlin (2003) und München (2010) sollte nach 11 Jahren wieder ein gemeinsamer Kirchentag mit über Hunderttausend Teilnehmenden stattfinden. Die nächsten Kirchentage sind der 102. Deutsche Katholikentag 2022 in Stuttgart (25.–29. Mai 2022) und der 38. Deutsche Evangelische Kirchentag 2023 (7.–11. Juni 2023). Im kommenden Jahr findet außerdem die 11. Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen in Karlsruhe statt (31. August – 8. September 2022). Konkrete Pläne für einen weiteren Ökumenischen Kirchentag sind noch nicht bekannt. (fxn)