Kardinal Woelki erwirkt einstweilige Verfügungen gegen "Bild"-Zeitung
Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki hat vor dem Landgericht Köln eine einstweilige Verfügung gegen zwei Berichte der "Bild"-Zeitung über einen Missbrauchsfall im Erzbistum Köln erwirkt. Das bestätigte das Erzbistum am Dienstag auf Anfrage von katholisch.de. Zuvor hatte die vom Erzbistum mit dem Fall beauftragte Kölner Kanzlei Höcker auf ihrer Internetseite über die Entscheidung berichtet. Das Gericht habe die beiden Artikel wegen diverser Falschdarstellungen mit einer einstweiligen Verfügung verboten, so die Kanzlei. Konkret war in den beiden Artikeln, die am 27. April auf bild.de veröffentlicht wurden, der Vorwurf erhoben worden, Kardinal Woelki habe einen geständigen Missbrauchspriester zum stellvertretenden Stadtdechanten ernannt. Dieser Darstellung hatte des Erzbistum bereits kurz nach der Veröffentlichung der Artikel in einer Pressemitteilung widersprochen.
Durch die jetzt erfolgte einstweilige Verfügung sei der "Bild"-Zeitung unter anderem verboten worden, erneut die Falschbehauptung zu verbreiten, dass Woelki bei der Beförderung des Priesters Kenntnis davon gehabt habe, dass dieser den Missbrauch eines Kindes gestanden habe, so die Kanzlei Höcker. Und weiter: "Dies sei eine falsche Tatsachenbehauptung, weil Kardinal Woelki bei der Beförderung des Priesters keine Kenntnis von einem angeblichen Kindesmissbrauch des Priesters gehabt hat." Verboten worden sei vom Gericht zudem die Darstellung der Zeitung, "dass es sich bei dem beförderten Priester um einen 'Missbrauchs-Priester' bzw. einen 'Sexualstraftäter' gehandelt habe, sowie dass dieser 'sexuelle Handlungen mit einem Minderjährigen gestanden' habe bzw. gestanden habe, dass er Sex mit einem minderjährigen Prostituierten gehabt habe". Auch dabei handle es sich nach der Entscheidung des Landgerichts um Falschbehauptungen.
Erste einstweilige Verfügung am vergangenen Freitag
Die Kanzlei Höcker, die bereits seit Längerem für das Erzbistum tätig ist und zuvor unter anderem auch als Vertretung der AfD und des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in Erscheinung getreten war, betonte weiter, dass der Autor der beiden Artikel, "Bild"-Chefreporter Nikolaus Harbusch, Kardinal Woelki vor der Veröffentlichung keine Gelegenheit zur Stellungnahme und zur Entlastung gegeben habe. "Wäre eine solche Anhörung erfolgt, dann hätte schon im Vorfeld der Berichterstattung klargestellt werden können, dass die Darstellung falsch ist", erklärte die Kanzlei. Der Redakteur habe möglicherweise geahnt, dass seine Berichterstattung entkräftet werden würde, wenn er den Kardinal vor der Veröffentlichung anhöre.
Bereits am vergangenen Freitag hatte Kardinal Woelki laut der Kanzlei Höcker eine erste einstweilige Verfügung gegen die "Bild"-Zeitung erwirkt. In diesem Fall sei es um einen Artikel gegangen, der am 3. Mai auf bild.de erschienen und in dem der Kardinal verdächtigt worden sei, bei der Ernennung eines Düsseldorfer Stadtdechanten Kenntnis von einem Schreiben der Polizei gehabt zu haben, in dem vor dem Einsatz des Priesters gewarnt wurde. Auch hier sei dem Erzbischof vor der Veröffentlichung keine Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden. Wie die Kanzlei weiter mitteilte, habe Woelki klargestellt, dass ihm der entsprechende Polizeibericht bei der Ernennungsentscheidung nicht vorgelegen habe.
Springer-Verlag bewertet Gerichtsentscheidung als "nicht nachvollziehbar"
Auf Anfrage von katholisch.de äußerte der Axel-Springer-Verlag, in dem die "Bild"-Zeitung erscheint, am Mittwochnachmittag sein Unverständnis über die Entscheidung des Kölner Landgerichts. Diese sei aus Sicht des Verlags "nicht nachvollziehbar" und berücksichtige nicht ausreichend die Umstände der "Bild"-Berichterstattung, erklärte ein Sprecher. Und weiter: "Wir haben zutreffend und unter Einhaltung sämtlicher journalistischer Sorgfaltspflichten berichtet und werden gegen diese Verfügung Rechtsmittel einlegen." "Bild" werde weiter über die Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche berichten und die Verantwortlichen klar benennen.
Mitte Mai hatte das Erzbistum Köln in einer Pressemitteilung erstmals Stellung gegen die Berichterstattung der "Bild"-Zeitung bezogen. Die Zeitung versuche gerade, "in einer Reihe von Berichten nicht gerechtfertigte Vertuschungsvorwürfe zu konstruieren", erklärte das Erzbistum damals. Die Vorwürfe gründeten auf "alten anonymen Schreiben". Es handele sich "um eine anonyme kleine Sammlung mit nicht belegten und in keiner Weise nachprüfbaren Verdächtigungen, die durch sämtliche beteiligte Personen bestritten" worden seien. Jedes der "Bild"-Zeitung vorliegende Schreiben aus der Sammlung sei bereits in der unabhängigen Untersuchung des Kölner Strafrechtlers Björn Gercke überprüft und bewertet worden, so das Erzbistum. (stz)
02.06.2021, 14:45 Uhr: ergänzt um die Stellungnahme des Axel-Springer-Verlags