Gemeinschaften existieren vor allem im süddeutschen Raum

Solidarisch im Sinne Marias: Die Marianischen Männerkongregationen

Veröffentlicht am 03.06.2021 um 12:45 Uhr – Lesedauer: 

Bonn/München ‐ Jedes Mitglied ist dazu aufgerufen, sich für das eigene Heil und das der Mitmenschen einzusetzen – ganz im Sinne der Gottesmutter Maria: Vor allem in Bayern gibt es sogenannte Marianische Männerkongregationen. Katholisch.de stellt die Vereinigungen und deren geistliches Leben vor.

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Auf der Website der Marianischen Männerkongregation "Mariä Verkündigung am Bürgersaal in München" steht geschrieben, was einen Sodalen ausmacht: "Unter 'Sodale' versteht man einen Christen, der sich solidarisch mit der katholischen Kirche fühlt und sich für das eigene Heil und das Heil der Mitmenschen im Sinne Mariens – der Mutter aller Gläubigen – einsetzt." Sie stellen sich "dem Anspruch Gottes im täglichen Leben, in der eigenen Umwelt und in den Anforderungen der Zeit". Die Sodalen, so heißt es weiter, seien bereit, einander Hilfe und Rat zu geben und sich füreinander einzusetzen.

Sodalen nennt man die Mitglieder der Marianischen Männerkongregationen, einer katholischen Laienbewegung, deren Anfänge bis ins 16. Jahrhundert zurückgehen. Ziel der Sodalen ist es, gestützt auf die Gemeinschaft ihr Leben bewusst nach dem christlichen Glauben zu gestalten. Dabei stellen sie sich unter den besonderen Schutz Marias: Jedes Neumitglied weiht sich bei seiner Aufnahme der Gottesmutter. Vor allem im süddeutschen – oder besser gesagt bayerischen – Raum gibt es solche Gemeinschaften, vereinzelt aber auch in anderen Teilen der Bundesrepublik, etwa in Köln.

Jesuitischer Ursprung

Die Ursprünge der Marianischen Männerkongregationen liegen im jungen Jesuitenorden. Seit dessen Gründung entwickelte sich eine Laienbewegung, die sich den Zielen der Gesellschaft Jesu verbunden fühlte. 1563 gründete der aus Belgien stammende Jesuit Jan Leunis (1532-1584) am Collegio Romano – der römischen Jesuitenschule, aus der die spätere Universität Gregoriana hervorging – eine Studentengruppe. Diese Gemeinschaft fühlte sich besonders mit der Gottesmutter Maria verbunden. Von Rom aus verbreiteten sich "Ableger" der Marianischen Kongregation in ganz Europa, vor allem im Umfeld der Bildungseinrichtungen der Jesuiten. Bereits 1573 gründete sich die erste von ihnen im deutschsprachigen Raum, und zwar in Wien.

Schutzmantelmadonna
Bild: ©katholisch.de (Symbolbild)

Jeder Sodale der Marianinschen Männerkongregationen weiht sich bei seiner Aufnahme in die Gemeinschaft der Gottesmutter Maria.

Kurz darauf kam auch die offizielle Anerkennung: Papst Papst Gregor XIII. (1572-1585) bestätigte 1584 die Marianische Kongregation am Collegio Romano als kirchliche Gemeinschaft und erhob sie zu "Mutter und Haupt aller anderen Marianischen Männerkongregationen". Die Jurisdiktion erhielt der Generalobere der Jesuiten in Rom. Etwa 170 Jahre später gründeten sich mit päpstlicher Genehmigung auch Marianische Frauen-Kongregationen sowie Kongregationen beider Geschlechter. Doch die Aufhebung des Jesuitenordens sorgte für einen großen Einschnitt: Aktivitäten und Mitgliederzahl der Marianischen Kongregationen gingen erheblich zurück, Papst Clemens XIV. (1769-1774) ordnete an, dass die bestehenden Kongregationen in die Jurisdiktion der Bischöfe übergehen.

Doch im Zuge der Verkündung des Dogmas über die "Unbefleckte Empfängnis Mariens" (1854) kam es zu zahlreichen Neugründungen von Marianischen Kongregationen. Nachdem der Jesuitenorden 1814 wieder zugelassen worden war, nahm die Ordensleitung den Faden wieder auf. 1924 wurde schließlich in der Generalkurie der Jesuiten in Rom ein Zentralsekretariat für die Gemeinschaften eingerichtet. Papst Pius XII. (1939-1958) widmete den Vereinigungen schließlich sogar ein eigenes Schreiben: In der Apostolischen Konstitution "Bis saeculari die" aus dem Jahr 1948 lobte er die Sodalität und bestätigte den Marianischen Kongregationen, dass sie an der Verbreitung und der Verteidigung des katholischen Glaubens einen erheblichen Anteil haben. 1953 wurde der Weltverband der Marianischen Kongregation gegründet, der sich ab 1956 der Konferenz der Internationalen Katholischen Organisationen anschloss. Hieraus entwickelte sich 1967 die "Gemeinschaft Christlichen Lebens" (GCL).

Bayerische Kongregationen blieben eigenständig

In Deutschland schlossen sich jedoch nicht alle Marianischen Kongregationen der GCL an – vor allem die bayerischen, die ihre Eigenständigkeit bewahren wollten. Dort gibt es bis heute etwa 15 Marianische Männerkongregationen, die zum Teil in verschiedene Orts- oder Pfarreigruppen untergliedert sind, mit insgesamt rund 45.000 Sodalen. Jede von ihnen hat einen "weltlichen" Leiter, den Präfekten, und einen geistlichen Leiter, den Präses. Eine dieser Gemeinschaften ist die eingangs erwähnte Marianischen Männerkongregation "Mariä Verkündigung am Bürgersaal in München". Sie kann auf eine über 400-jährige Geschichte zurückblicken: Gegründet wurde sie 1610 von 17 Münchner Herren und Bürgern. Unterstützt wurde sie vom Anfang an vom Hause Wittelsbach, das sich im Lauf der Zeit immer wieder als Förderer und Gönner der Kongregation hervortat. Bis heute besteht die enge Verbindung zu dem Adelsgeschlecht. Jemand aus dem früheren bayerischen Herrschergeschlecht ist immer in der Kongregation vertreten.

Was das geistliche Leben der Sodalen ausmacht, weiß Reiner von Solemacher. Er ist aktuell Pro-Präfekt er Kongregation am Bürgersaal. "Wir setzen uns für die Anliegen der katholischen Kirche und unseren Mitmenschen ein – immer im Sinne von Jesus Christus und Maria." Die Mitglieder der Gemeinschaft versuchten in einer Zeit, die von der Auflösung sämtlicher Werte in der Gesellschaft und zunehmender religiöser Gleichgültigkeit geprägt sei, entschieden den Weg Christi zu leben. Die Sodalen sind aufgerufen, täglich den Rosenkranz und die Gebete der Kongregation zu beten. In der Bürgersaalkirche gibt es mehrere Messen pro Tag. Darüber hinaus treffen sich die Mitglieder einmal pro Monat zu ihrem Konvent, bei dem er Vorträge zu kirchlichen Themen gibt. Nach außen treten die Kongregationen besonders bei kirchlichen Festanlässen in Erscheinung, etwa bei Prozessionen anlässlich von Feiertagen oder Gedenktagen.

Pater Rupert Mayer SJ bei der Münchener Fronleichnamsprozession.
Bild: ©KNA (Archivbild)

Pater Rupert Mayer SJ als Präses der Marianischen Männerkongregation bei der Münchener Fronleichnamsprozession.

Eng verbunden mit der Männerkongregation am Bürgersaal ist der der 1987 seliggesprochene Rupert Mayer: Der Jesuitenpater, während des Zweiten Weltkriegs von den Nazis verfolgt und zeitweise im KZ inhaftiert, wurde 1921 Präses der Gemeinschaft und blieb es bis kurz vor seinem Tod am 1. November 1945. Sein Grab befindet sich in der Unterkirche der Bürgersaalkirche. Die Erinnerung an ihn will die Kongregation wachhalten. "Er setzte sich für seine Sodalen und für viele Notleidende ein und nahm dabei keine Rücksicht auf sich selbst", sagt Reiner von Solemacher. "Er stand den Sodalen zur Seite, aber auch sie traten für ihn ein." Mayers Vermächtnis ist besonders die sozial-karitative Tätigkeit. So bietet die Männerkongregation am Bürgersaal in München seit einigen Jahren eine Armenspeisung an. Auch in Corona-Zeiten wurde sie nicht unterbrochen – zeitweise gab es Lunchpakete "to go". Finanziert wird das Ganze durch Spenden von Gönnern und Sodalen.

Gemeinsame Feste und Wallfahrten

Auch wenn die bayerischen Kongregationen rechtlich eigenständig und unabhängig voneinander sind, arbeiten sie dennoch zusammen. So gibt es die "Arbeitsgemeinschaft der Bayerischen Marianischen Männerkongregationen", in der sich die Vertreter der einzelnen Gemeinschaften austauschen und gemeinsame Veranstaltung organisieren. Dazu gehören beispielsweise Wallfahrten und Feste in bayerischen Marienwallfahrtsorten, etwa Altötting.

Trotz der langen Tradition und Solidarität untereinander haben die Marianischen Männerkongregationen heute aber mit denselben Schwierigkeiten zu kämpfen wie die Kirche als Ganze: die Überalterung ihrer Mitglieder. Man gewinne zwar neu Sodalen, dabei handle es sich aber vorwiegend um Männer im gesetzteren Alter. Früher, so sagt Reiner von Solemacher, war es üblich, dass Jungen nach der Firmung ihre Väter zur Kongregation begleitet haben. "Das ist heute natürlich längst nicht mehr so." Ein Zitat von Rupert Mayer, das man auf der Website der Marianischen Männerkongregation "Mariä Verkündigung am Bürgersaal in München" lesen kann, gibt vielleicht einen Wink in Richtung Zukunft der Vereinigung: "Wir brauchen wirklich vor nichts Angst zu haben, der liebe Gott sorgt immer und in allem für uns. Er lässt uns nie zappeln, er lässt nur Prüfungen zu, die uns zum Nutzen gereichen, wenn wir an seiner Hand hindurchgehen."

Von Matthias Altmann