Keine Kinderrechte im Grundgesetz: Eine vertane Chance
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Die Bundesregierung ist gescheitert. Das große Vorhaben, Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern hat nicht funktioniert. Eine Änderung der Verfassung braucht eine Zweidrittelmehrheit. Das sollte bei dem Thema doch eigentlich möglich sein. Ist es aber leider nicht. Am Montag war die abschließende Verhandlungsrunde mit Vertretern der Bundestagsfraktionen ohne Ergebnis geblieben. Für die aktuelle Legislaturperiode sind die Pläne gescheitert, sagt Justiz- und Familienministerin Christine Lambrecht (SPD). Die Gründe dafür: Detailfragen. Was für eine Blamage!
Warum braucht es diese Änderung? Eine Gesellschaft zeichnet sich dadurch aus, wie sie mit ihren schwächsten Mitgliedern umgeht. Dazu gehören nicht nur die Älteren und Kranken, sondern auch die Jungen. Die Grundgesetzänderung hätte Signalwirkung gehabt für die Bürgerinnen und Bürger, Institutionen und gerade auch für die Kirche. Das Grundgesetz ist die Basis unseres Zusammenlebens und Denkens; sie zeigt, wie wir Gesellschaft verstehen. Der Anfang der Corona-Pandemie führt uns jedoch vor Augen, dass die Interessen von Kindern eben nicht in solchem Maße mitgedacht werden wie die anderer Schutzbedürftiger. Kindergärten und Schulen, ja sogar Kinderspielplätze wurden schneller geschlossen als Home-Office überhaupt angedacht wurde. Mit einer Verankerung im Grundgesetz dagegen hätten die Belange von Kindern ein neues Gewicht bekommen.
Für Kritiker ist genau dieses Gewicht zu schwer, weil sie glauben, die Rolle der Eltern werde dabei zu sehr geschwächt. Dagegen steht aber, dass Kinder eben nicht nur Kinder, sondern eigenständige Menschen mit entsprechenden Rechten sind. Zu diesen Rechten gehören Schutz, Förderung, Beteiligung und der Vorrang des Kindeswohls. Das bedeutet zum Beispiel, dass Pflegekinder mitentscheiden dürfen, wo sie leben. Es ist wirklich schwer nachzuvollziehen, warum sich die Politik so schwer damit tut, jungen Menschen dieses Recht einzuräumen. Seit so vielen Jahren schon diskutiert die Politik, ob das für Kinder möglich ist. Jetzt wäre es möglich gewesen, aber wieder wurde nicht konsequent gehandelt. Was für eine vertane Chance!
Die Autorin
Pia Dyckmans ist Presse- und Öffentlichkeitsreferentin der Jesuiten in Zentraleuropa.
Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der Autorin wider.