Papst Franziskus und seine Generalaudienzen

Mittwochs auf dem Petersplatz

Veröffentlicht am 12.03.2014 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 4 MINUTEN
Mittwochs auf dem Petersplatz
Bild: © KNA
Vatikan

Vatikanstadt ‐ Das Bild ging sofort um die Welt, es schockierte und faszinierte zugleich: Papst Franziskus küsst einen schwer entstellten Mann, dessen Gesicht, Hals und Hände über und über mit Geschwüren bedeckt sind. Minutenlang nimmt er sich Zeit, streichelt und segnet ihn. Neurofibromatose heißt die schreckliche Krankheit.

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Seit der Generalaudienz vom 5. November 2013 weiß eine breite Medienöffentlichkeit, dass es sie gibt und was sie anrichtet. Ganz spontan war der Papst während seiner Fahrt durch die Menge ausgestiegen und auf den Mann hinter der Absperrung zugegangen.

Die Generalaudienzen vor Zehntausenden mittwochs auf dem Petersplatz sind zur großen öffentlichen Bühne geworden für das, was die Welt seit einem Jahr den "Bergoglio-Stil" nennt. Seit Paul VI. (1963-1978) die Pilgertreffen in den 1960er Jahren begründete, gibt sie den Päpsten die Möglichkeit, dem Kirchenvolk in regelmäßigen Katechesen ihre Auslegung des katholischen Glaubens zu vermitteln. Johannes Paul II. (1978-2005) erweiterte das Programm um den direkten Kontakt mit den Menschen. Seither gehört der Papst, der Kinder küsst und Hände schüttelt, fest zum Bildercode des Papsttums. Der kühlere, introvertiertere Benedikt XVI. trat dieses Erbe eher mit Zurückhaltung an.

Franziskus sucht das Bad in der Menge

Franziskus dagegen sucht das Bad in der Menge bei seinen Generalaudienzen wie bisher kein Kirchenoberhaupt. Die Rundfahrten zu Beginn dauern beinahe länger als die anschließende Katechese. Immer wieder verlässt er den offenen Wagen, geht an die Absperrungen, trifft die Gläubigen hautnah, trinkt vielleicht einen angebotenen Becher Mate-Tee, tauscht jovial sein weißes Pileolus -Käppchen gegen ein Geschenkexemplar - und lässt wohl manchen Leibwächter am Sinn des eigenen Jobs zweifeln. Einen Jungen im blau-weißen Argentinien-Shirt lud er gar zur Mitfahrt im Papamobil ein.

Bild: ©Gabriele Höfling

Pilger während der Generalaudienz bei Papst Franziskus. Sie sind der Meinung, dass der Limburger Bischof dem Image der Kirche schadet.

Die Botschaft hinter solchen Gesten ist klar und wurde von Franziskus bei Generalaudienzen auch so ausgesprochen: Die Kirche ist keine Elite, wir sind alle gleich, hat er mehrfach betont. Neu ist auch, dass Franziskus sich nach seiner Ansprache stets rund anderthalb Stunden nimmt, um vor dem Petersdom Kranken und Behinderten zu begegnen, deren Reihen während seines ersten Amtsjahrs immer länger geworden sind. Jeden von ihnen begrüßt er einzeln und geht auch noch auf die Wartenden auf dem Petersplatz zu, wenn der vatikanische Fernsehsender seine Übertragung längst beendet hat. Frühere Päpste suchten bei dieser Gelegenheit nur die "prima fila", die "Erste Reihe" nahe dem Papst-Baldachin auf.

Schon um seiner Verwaltung ein Platzproblem zu ersparen, dürfte Franziskus angesichts der überbordenden Zahl überreichter Geschenke, vom Jetpiloten-Helm bis zur Heiligenstatue, einiges weiterverschenken. So wie die Harley Davidson, die ihm Motorrad-Fans zur Generalaudienz mitbrachten und die zugunsten einer römischen Jugendhilfe-Einrichtung versteigert wurde.

Franziskus hat wenig am Ablauf der Katechese verändert

Wenig geändert hat Franziskus am Ablauf der Katechese selbst. Was er den Gläubigen nach Verlesung des Evangeliums zu sagen hat, zielt dabei eher auf Eingängigkeit und weniger auf die wissenschaftlich-theologische Brillanz eines Benedikt XVI. Oft spricht er zwischendurch frei und die Menschen direkt an. "Kennt ihr das Datum eurer Taufe? Schaut gleich mal nach, wenn ihr wieder zu Hause seid."

Bei so viel Zugewandtheit hat es manchen überrascht, dass Franziskus die Grüße an die einzelnen Sprachgruppen, bis auf die spanische, auf Italienisch verliest. Benedikt XVI. hatte sogar einige Zeilen Arabisch parat. Als Grund für die jetzt reduzierte Sprachenvielfalt wird gemutmaßt, dass Franziskus sein Amt als Bischof von Rom betont.

Ob bei Hitze oder Regen: Ein Ende des Andrangs auf die Audienzen ist nicht abzusehen. An diesem Mittwoch waren die Stuhlreihen auf dem Petersplatz einmal mehr restlos gefüllt. Bei den 43 Katechesen von Benedikt XVI. im Jahr 2012 kamen fast 450.000 Besucher. Für die 30 Generalaudienzen mit Franziskus im vergangenen Jahr zählte der Vatikan dann mehr als 1,5 Millionen Menschen - durchschnittlich rund 50.000 pro Veranstaltung.

Von Christoph Schmidt (KNA)

Chronologie

Am 13. März 2013 wurde der argentinische Kardinal Jorge Mario Bergoglio im fünften Wahlgang des Konklaves als Nachfolger des zurückgetretenen Benedikt XVI. zum neuen Papst gewählt; er gab sich den Namen Franziskus. Katholisch.de dokumentiert die wichtigsten Ereignisse und Stationen seines Pontifikats.

Hinweis: Live-Übertragung

Die Live-Übertragung der Generalaudienz des Papstes fällt in dieser Woche aus, da sich Franziskus zu Fastenexerzitien in Ariccia aufhält. Stattdessen übertragen wir von 10.30 Uhr bis ca. 13 Uhr live von der Vollversammlung der deutschen Bischöfe in Münster.