Wegen gegenwärtiger Krise um Missbrauchsaufarbeitung

Religionslehrer im Erzbistum Köln lassen Lehrerlaubnis ruhen

Veröffentlicht am 17.06.2021 um 09:31 Uhr – Lesedauer: 

Köln ‐ Ein Teil der Religionslehrer im Erzbistum Köln will offenbar nicht mehr im Auftrag der Kirche vor die Schüler treten. Pädagogen ließen ihre Lehrerlaubnis ruhen oder wollten sie zurückgeben, hieß es – mit Verweis auf das Gewissen.

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Wegen der gegenwärtigen Krise um die Missbrauchsaufarbeitung will ein Teil der Religionslehrer im Erzbistum Köln nicht mehr im Auftrag der Kirche vor die Schüler treten. Pädagogen ließen ihre Lehrerlaubnis ruhen oder wollten sie zurückgeben, weil sie sich vor ihrem Gewissen nicht mehr in der Verantwortung sähen, sagte die Vorsitzende der Vereinigung katholischer Religionslehrerinnen und -lehrer in der Erzdiözese, Agnes Steinmetz, am Mittwoch dem Kölner Internetportal "domradio.de".

"Wir haben den Auftrag, in der Schule die Lehre der Kirche vorzustellen", so Steinmetz. "Das bedeutet nicht, dass wir sie verteidigen müssen. Wir werden aber gefragt, was wir denn davon halten." Offensichtlich seien Kolleginnen und Kollegen nicht mehr in der Lage, dies positiv zu tun. Steinmetz bekundete die Sorge, dass nach dem Austritt junger Erwachsener aus der Kirche diese auch nicht mehr für die Teilnahme der Schüler am Religionsunterricht sorgen. "Wir befürchten, dass es da quasi einen Austritt aus dem Religionsunterricht mit Füßen gibt." Dann werde im Fach praktische Philosophie über die Themen Glaube und Zweifel geredet.

Dialog mit der Bistumsleitung

"Wir stehen einfach dafür ein, dass der Religionsunterricht unglaublich wichtig ist - auch der konfessionelle Religionsunterricht, der katholische Religionsunterricht in ökumenischer Absicht", betonte Steinmetz. Ihr Verband werde einen Dialog mit der Bistumsleitung erbitten. Mit dem Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki sei schon diverse Male gesprochen worden, aber der Dialog sei in der gegenwärtigen Situation "dringender denn je".

"Es hat seit dem Sommer 2020 vereinzelt Religionslehrende gegeben, die ihre Missio Canonica zurückgegeben haben, sieben davon mit Verweis auf die Missbrauchsthematik", erklärte das Erzbistum Köln am Donnerstag. Insgesamt habe es 16 Rückgaben gegeben, einige der Religionslehrer befänden sich bereits im Ruhestand. "In Relation zur Gesamtzahl der Religionslehrenden sind das aber Ausnahmefälle." Derzeit verzeichnet die amtliche Statistik für das Erzbistum Köln mehr als 4.900 aktive Religionslehrer. Am Mittwoch erhielten 94 neue Religionslehrer im Kölner Dom durch Woelki ihre Missio Canonica. Die Missio Canonica ist die kirchliche Bevollmächtigung zur Erteilung des Faches Katholische Religionslehre in der Schule.

Die Aufarbeitung sexualisierter Gewalt im Erzbistum Köln sorgt seit Monaten für Diskussionen. Ende Mai hatte Papst Franziskus eine Apostolische Visitation der Erzdiözese angeordnet. Er entsandte den Stockholmer Kardinal Anders Arborelius und den Rotterdamer Bischof Hans van den Hende nach Köln, um sich ein umfassendes Bild von der Situation im Erzbistum zu verschaffen und gleichzeitig eventuelle Fehler kirchlicher Verantwortungsträger im Umgang mit Fällen sexuellen Missbrauchs zu untersuchen. Die beiden Visitatoren beendeten die Überprüfung am Dienstag nach rund einer Woche. (tmg/KNA)

17.6., 11:05 Uhr: Ergänzt um Stellungnahme des Erzbistums.