WLAN-Verbot in Kirchen? Eine verpasste Chance
HTML-Elemente (z.B. Videos) sind ausgeblendet. Zum Einblenden der Elemente aktivieren Sie hier die entsprechenden Cookies.
Auch nach anderthalb Jahren Digitalisierungsschub durch die Corona-Krise wird das Netz in der Kirche leider immer noch allzu oft primär als einzudämmendes Risiko gesehen statt als pastorale Chance und Teil des Lebensraums von Menschen. Das zeigt das aktuelle Amtsblatt des Bistums Augsburg: Die Diözese zieht WLAN-Hotspots in Kirchen, Pfarrzentren und Jugendhäusern den Stecker: Frei zugängliche, öffentliche Internetzugänge seien "grundsätzlich nicht genehmigungsfähig". Grund dafür – natürlich! – sind Datenschutz und Jugendschutz, und mehr noch: "Erfahrungen aus dem öffentlichen Bereich haben außerdem gezeigt, dass sich an Orten mit W-LAN Hotspots ggf. neue soziale Brennpunkte entwickeln können."
Was in der kurzen Notiz im kirchlichen Amtsblatt nicht erwähnt wird: Teilhabechancen von Menschen, die auf freie Zugänge angewiesen sind, etwa Geflüchtete, Obdachlose oder Bezieher von Sozialleistungen, in deren Regelsätzen immer noch kein angemessener Betrag für Kommunikation vorgesehen ist. Dass die befürchteten "neuen soziale Brennpunkte" durch freies Internet ganz ähnlich wie die alten sozialen Brennpunkte sein können, wo Menschen in Not Essen, Unterkunft und einen sicheren Rückzugsort bekommen – und damit Orte schaffen, an der die Kirche diakonisch wirken kann. Dass das Netz selbstverständlicher Teil der Lebenswelt von Jugendlichen ist – und freies Netz an kirchlichen Orten Chancen für die Jugendpastoral und ihre Medienbildung bietet.
Das Bistum Augsburg bezieht sich in seiner Argumentation scheinbar alternativlos auf Anforderungen von Jugendschutz und Datenschutz. Diese Rechtsgebiete, die eigentlich Freiheit ermöglichen sollen, werden gerade in der Kirche immer wieder dafür genutzt, um Bedenken zu legitimieren. Dabei geht es auch anders: Die Evangelischen Kirche Berlin.Brandenburg-schlesische Oberlausitz hat seit Jahren mit "Godspot" ein Programm für freies WLAN nicht nur für evangelische Gemeinden im Angebot. Die zivilgesellschaftliche Initiative "Freifunk" stellt eine gemeinschaftliche Infrastruktur zur Verfügung, mit der Menschen ihren Internetzugang teilen können – anderswo, etwa im Erzbistum Köln, beteiligen sich auch Pfarreien daran und stellen sogar ihre Kirchtürme als Richtfunkantennen für eine bessere Netzabdeckung zur Verfügung. Die Europäische Union – immerhin verantwortlich für die Datenschutzgesetzgebung, die mittelbar auch das kirchliche Datenschutzrecht bedingt – fördert seit Jahren kommunale WLAN-Netze mit dem Projekt "WiFi4EU".
Es ginge also – rechtssicher, datensparsam, frei und offen. Dazu müssten aber die kirchlichen Verantwortungsträger die Chancen des Netzes für die Kirche und seine Bedeutung fürs Gemeinwohl sehen – und nutzen wollen.
Der Autor
Felix Neumann ist Redakteur bei katholisch.de und Mitglied im Vorstand der Gesellschaft katholischer Publizisten (GKP).Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der Autorin bzw. des Autors wider.