Schreiber bezögen sich auf Intentionen des Papstes wie auf Privatoffenbarungen

Kardinal Müller kritisiert theologisches Niveau an der Kurie

Veröffentlicht am 01.07.2021 um 14:11 Uhr – Lesedauer: 

Vatikanstadt ‐ Kardinal Müller sieht in der Zusammenarbeit zwischen Jospeh Ratzinger als Präfekt der Glaubenskongregation und Johannes Paul II. als Papst ein Ideal – über den heutigen Zustand der Theologie an der Kurie ist er nicht begeistert, verrät er.

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Kardinal Gerhard Ludwig Müller hat das theologische Niveau an der vatikanischen Kurie kritisiert. Gegenüber der Tageszeitung "Südkurier" (Mittwoch) sagte der ehemalige Präfekt der Glaubenskongregation, dass dort manche Leute das Sagen hätten, "die mehr von Kommunikation und Außendarstellung etwas verstehen, als dass sie in der Theologie zu Hause sind". Die wissenschaftliche Durchdringung eines Themas müsse der Veröffentlichung eines Dokumentes vorangehen. Die Schreiber von Entwürfen würden "sich auf die privat geäußerten Intentionen des Papstes wie auf Privatoffenbarungen beziehen", so Müller weiter. Als "Paradefall" für die "bestmögliche Ausgestaltung" von päpstlichen Lehrdokumenten bezeichnete der Kardinal die Zuarbeit von Kardinal Joseph Ratzinger zum Pontifikat von Papst Johannes Paul II.: "Das war vorbildlich. Dieses Niveau muss gehalten werden."

Gegenüber dem Synodalen Weg in Deutschland zeigte sich Müller erneut kritisch. Zwar entspringe eine solche gemeinsame Beratungsinstanz dem Kirchenverständnis des Zweiten Vatikanums. "Was aber unter dem Titel Synodaler Weg angezielt wird, ist in einigen Teilen unter den Voraussetzungen der katholischen Theologie nicht akzeptabel", betonte der Kardinal. Dabei kritisierte er insbesondere, dass die Beschlüsse auch dann verbindlich sein sollen, wenn sie "inhaltlich dem Wort Gottes widersprechen und die formale Autorität des Papstes und des Gesamtepiskopates negieren". Deutsche neigten zu Sonderwegen, "die uns und der Welt bisher selten gut bekommen sind", und sollten sich nicht als "Oberlehrer" der Weltkirche aufspielen: "Andere sind genauso intelligent und glaubensstark. Sich ins größere Ganze einzuordnen, tut uns gut." Bereits in der vergangenen Woche hatte Müller sich gegen Inhalte des Synodalen Wegs gewandt, die aus seiner Sicht "im krassen Widerspruch" zur Lehre der Kirche stünden. "Der Versuch, mit einer häretischen und schismatischen Agenda auf die Missbrauchskrise zu reagieren, ist zum Scheitern verurteilt", so der Kardinal.

Kardinal Müller war von 2012 bis 2017 Präfekt der Kongregation für die Glaubenslehre. Seine fünfjährige Amtszeit wurde von Papst Franziskus überraschend nicht verlängert. Er wurde abgelöst durch seinen vormaligen Stellvertreter, den spanischen Jesuiten Luis Ladaria, der die Kongregation seither führt. Im Juni berief der Papst den Kardinal, der seit seiner Entpflichtung als Präfekt kein Kurienamt innehatte, zum Mitglied des Tribunals der Apostolischen Signatur und damit zum Richter am höchsten Kirchengericht. Müller sagte anlässlich der Berufung, dass der Papst ihm vertraue, "nicht nur als Person, sondern auch, was meine Kompetenzen betrifft". (fxn)