Wegen Vertuschung aus Bistum verbannt, im Heimatdorf gewählt

Emeritierter Erzbischof verteidigt Wahl zum Ortsvorsteher

Veröffentlicht am 02.07.2021 um 12:09 Uhr – Lesedauer: 

Piaski ‐ Wegen Vertuschung sexualisierter Gewalt hat der Vatikan den ehemaligen Danziger Erzbischof sanktioniert. Ruhig wird es um ihn nicht: Er hat sich zum Ortsvorsteher in seiner alten Heimat wählen lassen – und sieht darin auch kein Problem.

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Der emeritierte Danziger Erzbischof Sławoj Leszek Głódź hat seine Wahl zum Ortsvorsteher im Ortsteil Piaski seines Geburtsorts Bobrówka im Nordosten Polens verteidigt. Gegenüber dem polnischen Radiosender "Zet" sagte Głódź Anfang der Woche, dass es sich nicht um ein Regierungsamt handle und seine Wahl daher nicht im Widerspruch zum Kirchenrecht stehe. Głódź war am 16. Juni vom Dorfrat zum Ortsvorsteher gewählt worden, nachdem zuvor der langjährige Amtsinhaber gestorben war. Von den 36 Mitgliedern des Gemeinderats waren neun bei der Sitzung anwesend, die den Erzbischof einstimmig wählten.

Das Kirchenrecht verbietet es Klerikern, "öffentliche Ämter anzunehmen, die eine Teilhabe an der Ausübung weltlicher Gewalt mit sich bringen" (can. 285 § 3 CIC). Der promovierte Ostkirchenrechtler Głódź wies zurück, dass dieser Kanon für sein Amt einschlägig sei. Er habe sich auch nicht mit dem Vatikan abgesprochen. "Es ist doch nicht so, dass Ortsvorsteher den Vatikan konsultieren", so Głódź gegenüber "Radio Zet". In seinem Amt wolle er sich für die lokale Gemeinschaft einsetzen. Insbesondere läge es ihm am Herzen, sich um die Gehwege im Dorf zu kümmern und für eine gute Beleuchtung und Unkrautentfernung zu sorgen, sagte er nach seiner Wahl gegenüber der Zeitung "Fakt".

Sanktionen wegen Missbrauchsvertuschung verhängt

Gegen den 2020 emeritiertern Głódź wurde im März durch den Vatikan eine Disziplinarstrafe wegen Versäumnissen im Umgang mit sexualisierter Gewalt ausgesprochen. Er muss sich außerhalb seines ehemaligen Erzbistums aufhalten, eine Geldbuße aus seinem Privatvermögen an eine kirchliche Stiftung zu zahlen und darf nicht an öffentlichen Gottesdiensten und "weltlichen Zusammenkünften" in seiner früheren Diözese teilnehmen, wie die Vatikanbotschaft in Warschau Ende März mitteilte. Im Oktober 2019 hatten sich 16 Priester des Erzbistums Danzig in einem gemeinsamen Schreiben an den päpstlichen Botschafter in Warschau unter anderem darüber beschwert, dass der damalige Ortsbischof Anzeigen wegen sexueller Belästigungen gegen Priester vertuscht habe. Im November des vergangenen Jahres beauftragte der Vatikan den Warschauer Kardinal Kazimierz Nycz mit einer Untersuchung gemäß den Normen des Motu proprio "Vos estis lux mundi" von Papst Franziskus aus dem Jahr 2019.

Trotz des Verbots für Kleriker, öffentliche Ämter zu übernehmen, kommt es gelegentlich zu derartigen Fällen. In Nicaragua wurde der Befreiungstheologe Ernesto Cardenal 1985 von Papst Johannes Paul II. vom Priesteramt suspendiert aufgrund seiner Beteiligung an der sandinistischen Regierung als Kultusminister. Die Suspension wurde 2019 von Papst Franziskus aufgehoben. In Bayern gibt es derzeit mehrere Gemeinderäte, in denen Ordensleute Mitglied sind, in Münsterschwarzach und Ottobeuren treten sogar eigene Klosterlisten zur Kommunalwahl an. Vor der Kommunalwahl 2020 sagte der Münsterschwarzacher Benediktinerpater Christoph Gerhard gegenüber katholisch.de, dass es im Gemeinderat nicht um Parteipolitik, sondern Bürgerbeteiligung und Mitverantwortung gehe. Daher sei eine Kandidatur hier möglich. (fxn)