Rechtsgrundlage für institutionelle Aufarbeitung geschaffen

EKD ändert Datenschutzrecht zur Aufarbeitung sexualisierter Gewalt

Veröffentlicht am 14.07.2021 um 10:21 Uhr – Lesedauer: 

Hannover ‐ Datenschutz soll künftig kein Hindernis für die Aufarbeitung sexualisierter Gewalt sein: Die Evangelische Kirche in Deutschland hat ihr Datenschutzgesetz angepasst, damit künftig einfacher Daten für die Aufarbeitung verwendet werden können.

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Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hat ihr Datenschutzgesetz (DSG-EKD) geändert, um die institutionelle Aufarbeitung sexualisierter Gewalt zu erleichtern. Im aktuellen Amtsblatt (Mittwoch) wurde eine gesetzesvertretende Verordnung des Rates zur Änderung des DSG-EKD veröffentlicht, mit der neue Normen eingeführt wurden, um die Verarbeitung von personenbezogenen Daten in der Aufarbeitung zu ermöglichen. In einem neuen Paragraphen 50a wird dazu festgestellt, dass an der Aufarbeitung ein "überragendes kirchliches Interesse" besteht und dafür eine Verarbeitung personenbezogenener Daten zulässig ist. 

Unter institutioneller Aufarbeitung sexualisierter Gewalt wird dabei "jede systematische, nicht auf den Einzelfall bezogene Untersuchung von Vorkommnissen sexualisierter Gewalt, insbesondere betreffend deren Ursachen, Rahmenbedingungen und Folgen" verstanden. Auch ohne die Einwilligung der Personen, deren Daten verarbeitet werden, können kirchliche Stellen dafür benötigte Unterlagen an Wissenschaftler oder mit der Aufarbeitung beauftragte Stellen weitergeben. Wer diese Daten nutzt, muss jedoch ein Datenschutzkonzept vorweisen und auf das Datengeheimnis sowie die Zweckbindung für die Aufarbeitung verpflichtet werden. Die Daten sollen dabei nach Möglichkeit anonymisiert werden.

Veröffentlichung bei Personen der Zeitgeschichte und mit Einwilligung

Eine Veröffentlichung dieser Daten ist nur bei Personen der Zeitgeschichte zulässig oder wenn die betroffene Person eingewilligt hat. Eine Veröffentlichung der Daten von Betroffenen sexualisierter Gewalt darf nur erfolgen, wenn diese einwilligen. Neben dem DSG-EKD wurden mit der am 24. Juni beschlossenen Verordnung, die zum 1. Juli in Kraft trat, auch kleinere Änderungen im Beamten- und Dienstrecht der EKD vorgenommen.

Die EKD wendet wie die katholische Kirche aufgrund einer Ausnahmeregelung in der europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) ein eigenes Datenschutzrecht an. Das seit 2018 geltende "Kirchengesetz über den Datenschutz der Evangelischen Kirche in Deutschland" wurde seit seinem Inkrafttreten bisher inhaltlich nicht geändert. Vorgesehen ist eine Evaluierung innerhalb von fünf Jahren.

Beim katholischen "Gesetz über den kirchlichen Datenschutz" (KDG) sind derzeit keine Änderungen geplant. Auf Anfrage teilte die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) mit, dass das Problem auf dem Schirm sei, eine Änderung im KDG aber noch nicht in Sicht sei. Das KDG wird derzeit evaluiert, eine Änderung auf Grundlage der Evaluierung wird voraussichtlich nicht vor 2023 erfolgen. (fxn)

16. Juli 2021, 15.20 Uhr: Ergänzt um DBK-Aussage zum KDG.