Wie konnte es so weit kommen?
Sie vermuteten dahinter ein übersteigertes Verständnis des Bischofs von seinem Amt. Vielleicht auch war er zu verletzt, um aufgeben zu können. Verletzt durch die Ablehnung, die ihm, der sich seit Ende Oktober auf Weisung des Papstes außerhalb seines Bistums aufhielt, aus Limburg entgegenschlug.
Verletzt durch manches, was in den vergangenen Monaten medial zu hören und zu lesen war: "Protzbischof" zum Beispiel, "Lügner" auch und "Betrüger". Das biblische Wort, wer ohne Sünde sei, werfe den ersten Stein, geriet in Sachen Tebartz-van Elst ganz offenbar völlig in Vergessenheit. Und wer aus persönlichen Begegnungen mit dem Bischof heraus glaubte berichten zu müssen, der sei doch sehr zuvorkommend, sei freundlich, höflich, stieß auf ungläubiges Staunen.
Kritik seit Beginn der Strukturreform
Sein Limburger Bischofsamt hatte Tebartz-van Elst in der Nachfolge von Franz Kamphaus vor etwas mehr als sechs Jahren, am 20. Januar 2008, angetreten. "Ich war damals glücklich und gespannt auf das, was mich alles im Bistum erwarten wird", erinnerte er sich einmal. Was ihn schon bald erwartete, war Kritik. Sie galt einem von ihm in Gang gesetzten Prozess "Bereitschaft zur Bewegung" mit dem Ziel, die Seelsorgestrukturen im Bistum neu zu gestalten. Und sie galt der Amtsenthebung eines Bezirksdekans, der ein Homosexuellen-Paar gesegnet hatte.
Auch in der Folgezeit fanden Bischof und Bistum nicht so recht zueinander. Immer vernehmlicher meldeten sich Stimmen zu Wort, die ihm "klerikalen Dünkel" und einen "autoritären Kurs" vorwarfen; von einer "Atmosphäre lähmender Furcht" war die Rede. Zunehmend in die Kritik geriet der Bau des Bischofshauses auf dem Limburger Domberg. Was das wohl kosten mochte? Anfänglich war von 2 Millionen Euro die Rede, zuletzt dann von 31 Millionen. Der Bau sei ein "Protzbau", der Bischof ein Verschwender, ließ sich nicht nur "Volkes Stimme" vernehmen.
Auch Kritiker bescheinigen ihm ein hohes intellektuelles Niveau
Zu verantworten hat der scheidende Bischof auch zwei von ihm getätigte falsche eidesstattliche Versicherungen im Zusammenhang mit einem Erste-Klasse-Flug nach Indien. Im Dezember stellte die in dieser Angelegenheit zuständige Hamburger Staatsanwaltschaft ihr gegen Tebartz-van Elst geführtes Verfahren gegen Zahlung einer Geldbuße in Höhe von 20.000 Euro ein.
Warum aber gab der Bischof überhaupt Versicherungen ab, die gar nicht von ihm verlangt wurden? Niemand kann das verstehen, zumal dann nicht, wenn er weiß, dass Tebartz-van Elst ein äußerst kluger Kopf ist. Auch Kritiker bescheinigen ihm, der als zweites Kind einer Bauernfamilie in Kevelaer-Twisteden am Niederrhein geboren wurde, ein hohes intellektuelles Niveau. Bevor Tebartz-van Elst zunächst Weihbischof im Bistum Münster und dann Bischof von Limburg wurde, war er Professor für Pastoraltheologie und für Liturgiewissenschaft.
Der Fall Tebartz sorgt für mehr Transparenz
Egal, welche Erklärungen man dafür findet: In der Diözese Limburg sei es zu einer Situation gekommen, "die eine fruchtbare Ausübung des bischöflichen Amtes" durch Tebartz-van Elst verhindere, hieß es am Mittwoch im Vatikan. Mit dem Amtsverzicht ist die Affäre aber noch nicht zu den Akten gelegt. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, machte deutlich, dass Tebartz-van Elst unfreiwillig für sich in Anspruch nehmen kann, wichtige Reformen ausgelöst zu haben.
Die Bischöfe spürten deutlich, dass es "ein breit angelegtes Bedürfnis danach gibt, dass die Entscheidungsgremien und -strukturen der katholischen Kirche, die teils über Jahrhunderte gewachsen sind und sich an vielen Stellen bewährt haben, deutlicher erklärt und nachvollziehbar gemacht werden" , sagte Marx in Berlin. Tebartz und mehr Transparenz - eine bemerkenswerte Pointe in der Geschichte der Kirche.