Theologin Scherer: Frauen kommen in Lesungstexten zu wenig vor
Die Churer Neutestamentlerin Hildegard Scherer hat das Fehlen von biblischen Texten mit Frauenperspektive in der Liturgie kritisiert. "Wer die Lesungen aus dem Gottesdienst kennt – da kommen manche Texte einfach nicht vor", sagte die Professorin für Neutestamentliche Wissenschaft an der Theologischen Hochschule Chur in einem Interview mit dem Kölner "Domradio" (Donnerstag). Als Beispiel nannte sie die Grußliste von Paulus im Römerbrief. "Er würdigt viele Menschen und deren Engagement, ohne dass die irgendwelche Titel und Ämter haben. Da wird deutlich, wie stark Frauen am Anfang dabei gewesen sind und wie wichtig das gewesen ist", so Scherer. "Das wäre ohne die nie im Leben gegangen."
Die Bibeltexte seien stark von patriarchalen Zeiten geprägt. Wenn man ein bisschen suche, finde man aber auch Stachel gegen dieses System und starke Frauen. "Da denke ich etwa an den ersten Korintherbrief, 1 Korinther 7, wie Ehepaare miteinander umgehen: vollkommen reziprok – so wie der Mann, so auch die Frau."
An der Beschäftigung mit der Bibel habe sie vor allem das Hineinfühlen in andere Welten fasziniert. "Es ist für mich die Faszination, mich in diese ganz alten Welten da hineinzufühlen und dabei zu merken, wie aktuell das ist und was da eigentlich für Schätze dahinter stecken", sagte Scherer. Die Besinnung und das Vertiefen in diese Texte halte sie persönlich im Innersten zusammen. "Das klingt jetzt so ganz theologisch. Aber es ist wirklich das Eintauchen ins Leben", erklärte sie. Auch Humor und "das Kraftspüren bei Sport oder Bewegung" gehörten dazu. "Da gibt es für verschiedene Sorten von Mutlosigkeit verschiedene Möglichkeiten, dagegen vorzugehen." (cbr)