Staatsanwaltschaft wirft polnischem Priester Oko Volksverhetzung vor

Nach Strafbefehl: Herausgeber Hauke verteidigt Text zu Homosexuellen

Veröffentlicht am 28.07.2021 um 10:44 Uhr – Lesedauer: 

Köln/Lugano ‐ Im Kontext der Auseinandersetzung um einen Artikel über Homosexuelle in der Zeitschrift "Theologisches" hat deren Herausgeber Manfred Hauke den polnischen Autor Dariusz Oko und dessen Text verteidigt. In dem Fall selbst kommt es demnächst wahrscheinlich zu einer Hauptverhandlung vor Gericht.

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Im Zusammenhang mit der juristischen Auseinandersetzung um einen Artikel des polnischen Priesters und Publizisten Dariusz Oko in der Zeitschrift "Theologisches" hat deren Herausgeber Manfred Hauke den Autor und seinen Text verteidigt. Oko habe in seinem Artikel "kräftige Ausdrücke" gebraucht, die man, wenn man sie aus dem Zusammenhang reiße, eventuell als Verunglimpfung von Menschen mit homosexuellen Neigungen verstehen könne, erklärte Hauke am Dienstag auf Anfrage von katholisch.de. "Das wäre freilich ein Missverständnis", sagte der deutsche Theologe, der im schweizerischen Lugano Dogmatik lehrt. Wer die sizilianische Mafia kritisiere, wende sich damit schließlich auch nicht gegen die Sizilianer im Allgemeinen.

Hauke erklärte, dass es in Okos Text, der in der Ausgabe Januar/Februar 2021 erschienen war, keineswegs um Menschen mit homosexuellen Tendenzen im Allgemeinen gehe, sondern konkret um "eine Clique, eine Lobby, die vor kriminellen Methoden nicht zurückschreckt". Dafür würden in dem Artikel konkrete Beispiele genannt. Der Theologe äußerte die Hoffnung, dass das Amtsgericht Köln den Antrag der Staatsanwaltschaft gegen Oko und den verantwortlichen Redakteur von "Theologisches", Johannes Stöhr, zurückweise.

Wahrscheinlich kommt es in dem Fall nun zu einer Hauptverhandlung

Am Montag war zunächst durch Medienberichte in Polen bekannt geworden, dass das Amtsgericht Köln auf Antrag der Kölner Staatsanwaltschaft bereits am 6. Juli wegen Volksverhetzung Strafbefehle über je mehrere tausend Euro gegen Oko und Stöhr erlassen hatte. Eine Gerichtssprecherin wies auf Anfrage von katholisch.de allerdings darauf hin, dass die Strafbefehle noch nicht rechtskräftig seien und Oko und Stöhr über ihre Anwälte bereits Einspruch eingelegt hätten. Nun komme es wahrscheinlich zu einer Hauptverhandlung.

Laut dem in Auszügen im Internet einsehbaren Strafbefehl gegen Oko war der polnische Geistliche in dem Verfahren von der Kölner Staatsanwaltschaft beschuldigt worden, mit seinem ersten Artikel "gegen einen Teil der Bevölkerung zum Hass aufgestachelt sowie die Menschenwürde anderer dadurch angegriffen zu haben, dass Sie Teile der Bevölkerung beschimpften und böswillig verächtlich machten". Erlassen wurden beide Strafbefehle auf Basis des Paragrafen 130 Strafgesetzbuch.

Bild: ©picture alliance / NurPhoto | Artur Widak

Der polnische Priester und Publizist Dariusz Oko.

Oko, der seit 1992 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Päpstlichen Universität Johannes Paul II. in Krakau ist, hat sich in der Vergangenheit mehrfach ablehnend über Homosexualität und Gender geäußert. Der 90-jährige Stöhr ist emeritierter Professor für Dogmatische Theologie und lebt in Köln.

Oko hatte in seinem Text "Über die Notwendigkeit, homosexuelle Cliquen in der Kirche zu begrenzen" eine angebliche Dominanz Homosexueller in der katholischen Kirche beklagt und homosexuelle Priester als Gefahr für die Kirche beschrieben. In dem Artikel bezeichnete Oko homosexuelle Geistliche unter anderem als "eine Kolonie von Parasiten", "Krebsgeschwür" und "homosexuelle Plage", die Rechte Homosexueller seien eine "Homo-Ideologie" und "Homo-Häresie".

Herausgeber weist Vorwurf der Volksverhetzung zurück

Nach der Veröffentlichung des ersten Artikels hatte der Münchner Priester Wolfgang F. Rothe, der sich seit längerer Zeit für die Rechte Homosexueller in der Kirche engagiert und im Mai auch an den bundesweiten Segnungsgottesdiensten für homosexuelle Paare beteiligt war, Oko als Autor und Stöhr als verantwortlichen Redaktion laut eigenen Angaben bei der Staatsanwaltschaft Köln wegen Volksverhetzung angezeigt. Hauke sagte dazu gegenüber katholisch.de, es falle ihm schwer, die Motive Rothes für die Anzeige nachzuempfinden.

Mit Blick auf den Vorwurf der Volksverhetzung erklärte Herausgeber Hauke, der auch Mitglied der im vergangenen Jahr von Papst Franziskus eingerichteten Kommission zum Diakonat der Frau sowie Vorsitzender der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Mariologie ist, "Theologisches" habe eine große Vielfalt von Autoren und persönlichen Ausdrucksformen, "aber eine 'Volksverhetzung' würde ich als Herausgeber nicht dulden". Im Impressum der Zeitschrift werde zudem betont: "Nicht alle Deutungen und Meinungsäußerungen in unserer Zeitschrift entsprechen immer und in jedem Fall den Auffassungen des Herausgebers." Zugleich sagte der 65-jährige Theologe, dass die von ihm geleitete Fördergemeinschaft "Theologisches" die Freiheit des Glaubens, der Meinung und der Wissenschaft energisch verteidigen werde.

Von Steffen Zimmermann