ZdK-Präsident sieht radikalen Wandel auf Gemeinden zukommen

Sternberg: Laien werden ihre Kirche selber machen müssen

Veröffentlicht am 28.07.2021 um 16:00 Uhr – Lesedauer: 

Düsseldorf ‐ Thomas Sternberg sieht die Kirchengemeinden in Deutschland vor großen Veränderungen – und die Gläubigen in der Pflicht. Außerdem äußert sich der ZdK-Präsident zu den Grenzen des Synodalen Wegs und zum jüngsten Interview Benedikts XVI.

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Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, rechnet mit einem dramatischen Wandel in den katholischen Kirchengemeinden in Deutschland. "Die Gemeinden werden sich künftig radikal verändern, indem die katholischen Gläubigen viel stärker ihre Dinge selber in die Hand nehmen", sagte er der "Rheinischen Post" (Mittwoch). "Unsere Laien werden ihre Kirche selber machen müssen oder sie wird nicht mehr sein."

Sternberg verwies auf stark sinkende Zahlen bei Priesterweihen. Künftig müsse es in den Gemeinden "neue Ansprechpartner, egal ob Mann oder Frau" geben, fügte er hinzu. "Die letzten hauptamtlichen Ankerpunkte katholischen Lebens sind die Gemeindebüros, und die werden gerade im Erzbistum Köln flächendeckend abgeschafft", kritisierte er. "Auch das trägt zu der nach meiner Wahrnehmung großen Verbitterung im Erzbistum Köln bei."

Der ZdK-Präsident sieht einen klaren Unterschied zwischen dem vom Vatikan angeregten Synodalen Prozess und dem Synodalen Weg innerhalb der Kirche in Deutschland. Letzterer sei aus dem festen Willen entstanden, die Ursachen von sexuellem Missbrauch anzugehen. "Dazu gehören dann die vier großen Themen Macht und Gewaltenteilung, Sexualmoral, priesterliche Lebensform und Frauen in der Kirche. Der vom Vatikan angeregte Synodale Weg ist die Vorbereitung für die große Bischofssynode 2023 zum Thema Synodalität."

Klare Grenzen beim Synodalen Weg

Beim Synodalen Weg in Deutschland sieht Sternberg klare Grenzen: An seinem Ende würden Beschlüsse stehen, "die auf keinen Fall alle in Deutschland umgesetzt werden können". Wieviel Pluralität in der Weltkirche möglich und wieviel Einheit nötig sei, darüber werde man diskutieren. Es werde sicher zu einer größeren Vielfalt kommen müssen, auch weil die Weltkirche nicht mehr allein von Europa repräsentiert werde. "Aber viele Fragen werden nicht in Deutschland beantwortet werden können, schon deshalb, weil niemand eine Nationalkirche will."

Sternberg sieht dennoch Chancen auf Veränderungen in Deutschland. "Ich habe mich oft gefragt, warum in Deutschland kein Bischof den Vorstoß macht, zu fragen, ob er nicht verheiratete Männer zu Priestern weihen kann", sagte er. "Zumal wir in Deutschland ja etliche verheiratete Priester mit Familien bereits haben – etwa Konvertierte aus der anglikanischen oder evangelischen Kirche."

Der ZdK-Präsident äußerte sich auch zum jüngsten Interview des emeritierten Papstes Benedikt XVI. Joseph Ratzinger habe als Bischof selber an einer zentralistischen Orientierung der Bistumsleitungen an Konzernführungen mitgewirkt, sagte Sternberg. "An der Einführung einer Kirche, die aus dem Glauben ihrer Glieder von unten lebt, gibt es in Deutschland viel zu tun." Generell frage er sich allerdings, "ob Emeriti sich nicht besser gar nicht zu Themen äußern, die früher in ihrem Verantwortungsbereich lagen". Benedikt XVI. hatte in einem Beitrag in der "Herder Korrespondenz" ein aus ein aus seiner Sicht mangelhaftes Glaubenszeugnis kirchlicher Mitarbeiter in Deutschland beklagt. Dies wirke sich vor allem auch in Verlautbarungen und öffentlichen Stellungnahmen aus. "Man hat das Wort von der Amtskirche gebildet, um den Gegensatz zwischen dem amtlich Geforderten und dem persönlich Geglaubten auszudrücken". Leider sei es inzwischen so, dass die amtlichen Texte der Kirche in Deutschland weitgehend von Leuten geformt würden, für die der Glaube nur amtlich sei. "In diesem Sinn muss ich zugeben, dass für einen Großteil kirchenamtlicher Texte in Deutschland in der Tat das Wort Amtskirche zutrifft", so der 94-Jährige. (mal/KNA)